Klappe dichtgemacht für Schwule

■ Polizisten verjagten drei homosexuelle Männer von einer öffentlichen Toilette im Bezirk Kreuzberg

Ein ganz besonderes Abenteuer erlebten in der Nacht zu Montag drei homosexuelle Männer, die sich in der öffentlichen Toilette an der Kreuzberger Urbanstraße einen „Quickie“ erhofften.

Augenzeugenberichten zufolge drangen drei Polizeibeamte gegen 2.50 Uhr überraschend in die szenebekannte „Klappe“ ein, kontrollierten die Personalausweise der dort wartenden Schwulen. Anschließend erteilten die Beamten ihnen nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (Asog) Platzverweise.

„Ich habe nicht gedacht, daß so etwas in Berlin noch passieren kann“, sagte Arne H., einer der betroffenen Schwulen, zur taz. Die Beamten seien äußerst rücksichtslos vorgegangen und hätten ihm geraten, besser „woanders anschaffen“ zu gehen.

In einem Gedächtnisprotokoll für das Anti-Gewalt-Projekt des Homo-Infoladens „Mann-O-Meter“ zitierte Arne H. einen der Polizisten mit dem Satz: „Solange wir hier in Kreuzberg Streife fahren, bleibt dieser Platz sauber.“

„Überrascht“ von der Klappen- Razzia zeigte sich Berlins Polizeibeauftragter für homosexuelle Belange, Kriminalhauptkommissar Heinz Uth. Für den rührigen Alt-68er, dessen Engagement es vornehmlich zu verdanken ist, daß sich das Verhältnis zwischen Polizei und Schwulen in Berlin deutlich verbessert hat, bedeutet der Vorfall faktisch einen Rückschlag für seine vertrauensbildende Arbeit.

Taschenlampe aus für Abgeordneten

Gegenüber der taz kündigte Uth an, den Einsatzleiter der Klappen- Razzia ausfindig zu machen und seine Einheit zu einem klärenden Gespräch zu bitten. Eine solche „Nachhilfestunde“ sei nicht verschenkt, meinte der Homobeauftragte. So hätten ihm die KollegInnen des Friedrichshainer Polizeiabschnitts, der für den Homo- Cruisingpark am Märchenbrunnen zuständig ist, nach einem Gespräch zugesichert, künftig mehr Verständnis für schwule Gewohnheiten aufzubringen. Im Juni waren fünf BeamtInnen grundlos mit Taschenlampen durchs Gebüsch am Märchenbrunnen gestreift, dabei jedoch auf ein schwules Mitglied des Abgeordnetenhauses gestoßen, der sich bei Heinz Uth über das „unsensible Vorgehen“ beschwerte. Den Anlaß für den Vorfall an der Urban-Klappe vermutet Uth weniger im Schwulenhaß der Beamten als im „Sauberkeitswahn“ des Senats. Überall in der Stadt häuften sich in letzter Zeit Platzverweise gegen Stricher, Fixer und Obdachlose, bei denen „deutlich über das Ziel hinausgeschossen“ worden sei.

Von Platzverweisen betroffenen Schwulen riet Uth, vor das Berliner Verwaltungsgericht zu ziehen: „Nur so kann festgestellt werden, daß alle Schwulen das Recht haben, ungestört auf öffentliche Toiletten zu gehen.“ Micha Schulze