Landesschulamt – ein alter Traum der CDU

■ Zentrales Landesschulamt wird auch von der GEW heftig kritisiert / Senat will damit elf Millionen Mark einsparen

Der Plan des Senats, zum 1. Januar 1995 ein zentrales Landesschulamt einzurichten, stößt auf immer breitere Ablehnung. Nicht nur die Oppositionsparteien, Bezirksstadträte und -bürgermeister, sondern auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) lehnen eine solche zentrale Behörde entschieden ab. „Der Senatsbeschluß ist ein alter Traum der CDU und wurde schon vor Jahren, noch zu Hanna-Renate Laurins Zeiten, anvisiert. Damals war das Hauptargument die Zentralisierung und nicht das Sparen“, sagte der GEW-Vorsitzende Erhard Laube gestern. Das geplante Landesschulamt sei auf der Sparklausur des Senats gegen „Kitafrequenzen“ ausgedealt worden, und die SPD-Zentralisten hätten – entgegen dem Beschluß des Landesparteitages – mitgemacht. Ein Hauptargument des Senats für ein zentrales Landesschulamt sei der Spareffekt. Bis 1996 werden dann etwa 60 bezirkliche Schulratsstellen gestrichen, die Schul-Personalräte und Sachbearbeiter sollen verringert werden. Damit will das Land Berlin rund elf Millionen Mark einsparen. Das sei eine absolute Milchmädchenrechnung, mit der die Öffentlichkeit getäuscht werden soll, kritisierte der GEW- Vorsitzende. Für das Sparvolumen existiere keine seriöse Berechnung, monierte auch der Volksbildungsstadtrat von Kreuzberg, Dirk Jordan (Bündnis 90/Die Grünen).

Wie soll nun dieses umstrittene Landesschulamt aussehen? Die gesamte Schulaufsicht, die jetzt noch bei den einzelnen Bezirken liegt, soll in einer zentralen Behörde gebündelt werden. Bewerbungen und Einstellungen von LehrerInnen werden dann zentral und nicht mehr über die Bezirke abgewickelt. Die Versetzung von LehrerInnen zwischen den einzelnen Bezirken könne durch eine zentrale Behörde effizienter gehandhabt werden, sagt Michael Beer von der Senatsschulverwaltung. Dankward Brinksmeier, SPD-Volksbildungsstadtrat in Mitte, kontert, ein computergesteuertes Lehrer-Informationssystem könne dies genauso schnell lösen, dafür brauche man kein zentrales Landesschulamt.

Nach Angaben der Senatsschulverwaltung werden einzelne Schulräte, obwohl dem Landesschulamt unterstellt, wie bisher „ortsnah“ in den Bezirken arbeiten. Allerdings wird es statt bisher drei oder vier künftig nur noch jeweils einen Schulstadtrat pro Bezirk geben. Ein Schulrat mit Sprechstunde im Bezirk hätte aber keinerlei Einfluß oder Entscheidungsmöglichkeiten mehr, er könne nur noch vertrösten, kritisierte Erhard Laube. Die direkten und bürgernahen Problemlösungen entfielen.

Ein Beispiel: Herr X ist alleinerziehender Vater und möchte seine 6jährigeTochter in der ersten Klasse einer Ganztagsgrundschule anmelden. Diese Grundschule liegt aber nicht in seinem Einzugsbereich. Der Aufnahmeantrag wird abgelehnt. Da er aber für seine Tochter eine Ganztagsbetreuung braucht und es in der näheren Umgebung keine weitere Ganztagsgrundschule gibt, ist er darauf angewiesen, einen Platz an dieser Schule zu bekommen. Als Härtefall wendet er sich an den bezirklichen Schulrat. Dieser versucht gemeinsam mit der Schulleitung, für diesen Fall eine befriedigende Lösung zu finden. Ob Schulwechsel, Ärger mit Lehrern oder Schulleiter, der Schulrat organisiert den neuen Schulplatz, schlichtet den Streit oder berät sich mit dem Volksbildungsstadtrat.

Eine Behörde wie ein zentrales Landesschulamt könne das überhaupt nicht leisten, kritisiert die GEW. Allein die „Verwaltung“ von mehr als 30.000 LehrerInnen sowie rund 200.000 SchülerInnen werde Problemlösungen nur vom „grünen Tisch“ aus zulassen, ohne daß die Betroffenen überhaupt gehört werden können, kritisierte eine Volksbildungsstadträtin.

Sibylle Volkholz, bildungspolitische Sprecherin von Bündnis 90/ Die Grünen im Abgeordnetenhaus, sieht vor allem eine Gefahr in einer solchen zentralen Behörde: der Einfluß einer Partei auf die Schul- und Bildungspolitik. Die politisch gemischte Zusammensetzung in den Bezirken sowie die bezirklichen Mitbestimmungsgremien verhinderten, daß eine Partei von oben ihre Politik an die Schule durchstelle. Keine Partei dürfe auf die Schule einen direkten Zugriff haben. Michaela Eck