■ Zur britischen, proserbischen Balkan-Politik
: Wem gehört Sarajevo?

Die Offensive der bosnischen Armee in Richtung Sarajevo trifft den Nerv der UNO-Politik. Ganz offensichtlich scheut sich die bosnische Armee ja nicht, die UNO-Schutzzone um Sarajevo für ihre Aktion auszunutzen. Die serbischen Truppen können ihre gewohnte Artillerie-Überlegenheit nicht ausspielen und sind deshalb unterlegen. Der Angriff in Richtung Vogosca, dem Vorort Sarajevos, wird mit dem Ziel geführt, den Belagerungsring um Sarajevo endlich aufzusprengen.

Daß der britische UNO-General Michael Rose, der erstmalig auch der bosnischen Armee mit Nato- Angriffen gedroht hatte, dieses Ziel keineswegs unterstützen will, ist folgerichtig. Schon seit Beginn der Belagerung nimmt die UNO eine fragwürdige Rolle in Sarajevo ein. Im Gegenzug für das dem französischen Präsidenten Mitterrand im Juni 1992 gemachte serbische Versprechen, humanitäre Hilfe in die Stadt zu lassen, hat die UNO den Belagerungsring um die Stadt selbst verfestigt. Der von ihr besetzte Flughafen liegt wie ein Riegel zwischen der Stadt und dem bosnisch-kontrollierten Gebiet. Die Öffnung der Stadt ist nicht erwünscht, denn die Befreiung Sarajevos würde den restbosnischen Staat merklich stärken.

Daß die Politik der Vereinten Nationen durch die Interessen einzelner Staaten dominiert und instrumentalisiert wird, ist keine neue Erkenntnis. Daß dies in Bosnien jedoch ungeniert von britischer Seite aus geschehen kann, frappiert dennoch. Mit dem Schachzug im Februar dieses Jahres, Rußland ins Spiel zu bringen, ist es den Briten gelungen, sogar einen festen Bündnispartner für ihre Position in Bosnien selbst und in den internationalen Gremien zu finden. Schon im gleichen Monat wurde die Nato-Aktion von Rose unterlaufen. Der Führer der bosnischen Serben, Radovan Karadžić, wird sich für die schützende Hand aus London bedankt haben.

Doch mit der Androhung des US-amerikanischen Präsidenten, am Weltsicherheitsrat vorbei das Waffenembargo aufzuheben, ist nicht nur ein Zeichen für die bosnische und die serbische Führung gesetzt, sondern auch für den britischen Außenminister Hurd. Das Vetorecht könnte damit umgangen werden. Die Drohung mit dem Rückzug der UNO-Truppen durch Rose läuft angesichts dieser Ankündigung ins Leere. Es ist keine Drohung mehr. Rose sollte die Konsequenzen aus der sich abzeichnenden Niederlage der britischen Außenpolitik ziehen und zurücktreten. Erich Rathfelder, Split