Private Fortpflanzungsklinik erfüllt Kinderwünsche

■ Jährlich bekommen 20.000 Paare ein mit Hightech-Methoden gezeugtes Kind

Hannover (dpa) – Die Sehnsucht nach einem eigenen Kind treibt in Deutschland schätzungsweise 1,8 Millionen unfruchtbare Paare zur Verzweiflung. Seit der Geburt des ersten Retortenbabys vor 16 Jahren in Großbritannien helfen Ärzte der Natur jedoch immer häufiger auf die Sprünge. „Die Reagenzglasbefruchtung erfüllt derzeit im Jahr rund 20.000 Paaren ihren größten Wunsch“, sagt Werner Gehring, der in Bad Münder bei Hannover die nach seinen Angaben weltweit größte Fortpflanzungsklinik betreibt.

„Von 100 Paaren haben 50 die Chance, diese Klinik mit einem Kind zu verlassen“, gibt sich Gehring selbstbewußt. Der 42 Jahre alte Gynäkologe setzt auf die „ganzheitliche Behandlung“ von derzeit rund 3.000 Männern und Frauen im Jahr, die oft nach einer zermürbenden Odyssee durch diverse Arztpraxen – und mit der Bereitschaft zur Zahlung eines hohen Honorars – zu ihm kommen. „Hormone, Samen- und Eizellen oder die Psyche der Patienten sind nicht alles. Es geht um alle Einflüsse unserer Umgebung“, grenzt sich Gehring bewußt von der klassischen Fortpflanzungsmedizin ab.

In 20 bis 30 Prozent aller Fälle kommt in der „Deutschen Klinik für Fortpflanzungsmedizin GmbH“ nur noch die Reagenzglasbefruchtung oder – bei Männern mit schwacher Samenqualität – die seit zwei Jahren übliche Mikroinjektion in Frage. Gehring hat jedoch auch schon erlebt, daß Paare mit etwas Geduld auf diese aufwendigen Prozeduren verzichten können. „Manche wurden noch auf meiner Warteliste schwanger – einfach weil plötzlich der psychische Druck weg war“, erzählt der Arzt.

Der Chefarzt an der Frauenklinik der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), Professor Hans-Walter Schlößer, kommentiert das Projekt des Kollegen zurückhaltend bis skeptisch: „Kleider machen eben Leute.“ Schlößer hält das Ziel des früheren MHH- Forschers Gehring, demnächst 10.000 Paare zu betreuen, für ebenso fraglich wie die in Bad Münder errechnete „Erfolgsquote“ von 50 Prozent. Gehrings Methoden zur Behandlung von Unfruchtbarkeit seien im übrigen so neu nicht. Um die Konkurrenz macht sich Schlößer keine großen Gedanken: Bei „täglich vier bis sechs neuen Patienten mit Fruchtbarkeitsproblemen“ fühlt er sich ohnehin gut ausgelastet. Werner Herpell