Atom-Ausstieg? — Im Prinzip ja

■ Ministerpräsidentin Heide Simonis gibt ein rätselhaftes Interview, und der Castor kommt noch lange nicht

Berlin (taz) – Während sich Niedersachsens Umweltministerin Monika Griefahn (SPD) erfolgreich gegen das Ultimatum aus dem Hause Töpfer wehrt, sorgte ein Handelsblatt-Interview mit der schleswig-holsteinischen Ministerpräsidentin Heide Simonis für Überraschung: Simonis (SPD) vertrat darin die Meinung, daß der Ausstieg aus der Kernenergie nur im europäischen Rahmen „wirklich sinnvoll“ sei.

Simonis-Sprecherin Susanne Bieler stellte jedoch auf Anfrage der taz klar, daß die Ministerpräsidentin damit nicht Abschied vom SPD-Kernenergie-Ausstiegsbeschluß genommen habe: „Wir weichen nicht von der Linie ab, in der Bundesrepublik den Ausstieg aus der Kernenergie zu verfolgen.“ Energiekonsensgespräche auf europäischer Ebene seien aber notwendig, da es in Europa erhebliche Energieüberschüsse gebe.

Unterdessen hat Bundesumweltminister Klaus Töpfer sein Ultimatum an seine Kollegin aus Niedersachsen zurückgezogen. Anstelle einer endgültigen Entscheidung über den Castor-Transport bat Töpfer in einem Brief an Griefahn nur mehr höflich um einen Bericht über die Ergebnisse des Fachgespräches mit dem TüV Hannover/Sachsen-Anhalt und Südwest sowie der Bundesanstalt für Materialforschung bis zum 10. August. Außerdem wolle er Informationen über den weiteren Fortgang der Überprüfung.

Aus Gorleben haben sich gestern früh zehn AtomkraftgegnerInnen per Bahn auf den Weg nach Philippsburg begeben. Sie wollen unterwegs Pausen einlegen und über die Gefahren des Castor- Transportes durch die Republik informieren. Die Nacht wollte die Gruppe vor dem Kernkraftwerk Philippsburg (nahe Karlsruhe) verbringen, wo momentan die Castor-Behälter abfahrbereit auf Bahngleisen stehen.

In Hessen haben Umweltschützer Auskunft von Umweltminister Joschka Fischer (Bündnisgrüne) über die Route für den geplanten Atommülltransport verlangt. Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz befürchtet, daß der Transport auch durch dichtbesiedelte Ballungsgebiete wie Frankfurt führt. Lorenz Redicker