Eine zweifelhafte Gleichberechtigung

■ Verhütungsforscher testen Hormonspritzen und -implantate für den Mann

Das Zoekalkondom aus dem Blinddarm von Schafen, das bis in die späten zwanziger Jahre von Männern benutzt wurde, war nach den Aussagen des Arztes E.C.A. Meyenberg – wenn es denn von drei Monaten alten Tieren kam – recht angenehm zu tragen und zudem sicher, unschädlich und auch noch waschbar und wiederverwendbar. Als es mit moderner Technik möglich wurde, billigere Gummikondome zu produzieren, die allerdings das Glied gehörig einquetschten und darüber hinaus wegen minderer Qualität nicht selten platzten, beklagte der Berliner Arzt, das Gummikondom habe „stark dazu beigetragen, den Gebrauch des Kondoms überhaupt in Mißkredit zu bringen“. Die meisten Männer hätten einmal Versuche damit angestellt und es dann frustriert aufgegeben.

Davon hat sich die Männerwelt, obwohl doch die Qualität von Kondomen seither wesentlich verbessert wurde, offenbar bis heute nicht erholt. Denn nachdem die modernen Kontrazeptiva, die seit rund vierzig Jahren konstruiert wurden – Pillen, Spiralen, Injektionen, Implantate und im Entwicklungsstadium die Immunisierung gegen Schwangerschaften –, nur an Frauen gerichtet waren, wollen die Forscher heute ihren Geschlechtsgenossen die Gleichberechtigung in dieser Frage bringen. Nicht die Verhütung mit überschaubaren Mitteln ist gefragt, auch Männer sollen in den zweifelhaften Genuß der medikamentösen High-Tech- Kontrazeption kommen.

Mit hormonellen Injektionen und Implantaten wurde bereits in klinischen Versuchen die Spermienzahl im Ejakulat von Männern vermindert. Da die Spermienproduktion in einer der Versuchsreihen mit dem Schering-Hormon Testosteronenanthat allerdings bei einem Drittel der Männer nicht vollständig unterdrückt werden konnte, untersucht die WHO nun in einer Anschlußstudie bis Ende 1994, ob schon eine reduzierte Anzahl von Samenzellen zur Empfängnisverhütung ausreicht. Daß hierbei auch die Partnerinnen der männlichen Probanden als Teil der Versuchsreihe gesehen werden und daß sie die Konsequenzen der experimentellen Nichtverhütung tragen, bestätigt indirekt der Münsteraner Professor Eberhardt Nieschlag, der im Rahmen der WHO- Forschung auch an dieser männlichen Konzeption arbeitet. Nieschlag verbucht es als Erfolg, daß die Studie „bisher nicht wegen zu vieler Schwangerschaften abgebrochen werden mußte“.

Auf der Suche nach einer reversiblen Sterilisationsmethode wurden in China die Samenleiter von Männern mit einem kleinen Stöpsel verstopft. Und beim Population Council laufen Experimente, bei denen die Spermienreifung und die Produktion von Testosteron mit einer „Impfung“ in der Hypophyse blockiert wird. Weil allerdings Testosteron für die Muskelbildung und die Manneskraft wichtig ist, wird hier mit einer kleinen Dosis eines synthetischen Androgens dem Verlust der Lust entgegengewirkt. Diese Immunisierung soll bis zu einem Jahr anhalten und kann dann bei Bedarf aufgefrischt werden. Ute Sprenger