Alle Augen ruhen auf Heckelmann

■ CDU-Innensenator erstattet in der heutigen Senatssitzung Bericht über die Situation in den Abschiebeknästen

Auf Wunsch der SPD-Senatoren wird Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) dem Senat heute einen Bericht über die Situation in den Abschiebeknästen vorlegen. Im Abschiebeknast Kruppstraße hatten sich vor drei Wochen etwa 50 Insassen aus Protest gegen die unzumutbaren Haftbedingungen an einem Hungerstreik beteiligt (die taz berichtete). Nachdem die Innenverwaltung unerwartet rasch die bescheidenen Forderungen nach mehr Rasierapparaten, Münztelefonen und einer Verlängerung des Hofgangs erfüllt hatte, war die Aktion beendet worden.

An den grundlegenden Problemen änderte sich jedoch nichts. Auch Heckelmanns Bericht werde keinerlei positive Neuerungen bringen, vermutet Traudl Vorbrodt von der Organisation Asyl in der Kirche. Von der Pressestelle des Innensenators war gestern keinerlei Stellungnahme zu erhalten.

Seit der Verschärfung des Asylrechts vom Juli 1993 sind die Abschiebeknäste übervoll. Viele der abgelehnten Asylbewerber haben keine Ausweispapiere und warten manchmal monatelang auf ihre Abschiebung. Eingepfercht in Achtbettzimmer leben sie in einer Art Dämmerzustand. Dazu kommt die ständige Angst, was mit ihnen bei der Heimkehr geschieht. In der Kruppstraße, wo ständig über 170 Abschiebehäftlinge sitzen, gibt es weder einen Sozialarbeiter noch einen Psychologen. Bei den Haftprüfungsterminen werden die Insassen binnen weniger Minuten abgefertigt, oftmals ohne Dolmetscher und Rechtsbeistand. Auch über Mißhandlungen und Willkürmaßnahmen der Beamten in der Kruppstraße hatten die Insassen in letzter Zeit verstärkt geklagt. Um den Hungerstreik zu beenden, hatte Innenstaatssekretär Armin Jäger (CDU) zugesagt, sich wegen der Klagen über die Behandlung bei den Haftprüfungsterminen mit der Justizverwaltung in Verbindung zu setzen. Zu spüren ist davon jedoch nichts. Auch sein Versprechen, sich um eine Sozialarbeiterstelle zu kümmern, ist offenbar noch nicht über die Prüfungsphase hinausgekommen.

Der Polizeiverantwortliche für die Abschiebeknäste, Harald Wunderlich, verwies gestern gegenüber der taz darauf, daß jeder frei werdende Platz in der Kruppstraße sofort wieder belegt werde. „Der Rückstau geht bis in die einzelnen Gefangenensammelstellen.“ Der lange Aufenthalt in der Kruppstraße sei für alle Menschen, die keine Kriminellen seien, „eine Zumutung“, sagte Wunderlich ganz offen. Die Polizei bemühe sich deshalb schon lange darum, den Abschiebegewahrsam an die Justiz abzutreten. Justizsprecher Frank Thiel weiß von derartigen Verhandlungen zwischen Inneres und Justiz jedoch nichts. Es gebe lediglich die Bestrebung, straffällig gewordene Ausländer bis zur vorzeitigen Entlassung durch Abschiebung in Strafhaft zu lassen, statt sie in den Abschiebegewahrsam zu überstellen.

Die Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) hofft, daß Heckelmann heute in seinem Bericht ein Konzept zur Vermeidung einer langen Abschiebehaft vorlegt. Die Frage, wer für die Abschiebeknäste zuständig sei, so John, „ist mir ziemlich egal“. Traudl Vorbrodt von Asyl in der Kirche ist der Überzeugung: „Ohne eine humanitäre Regelung geht es nicht.“ Die Abschiebehaft dürfe nur in absoluten Ausnahmefällen erfolgen und keinesfalls länger als eine Woche dauern. Plutonia Plarre