„Unsere Hand bleibt ausgestreckt“

■ Der CDU-Fraktionsvorsitzende von Sachsen-Anhalt, Jürgen Scharf, will noch immer eine Koalition mit der SPD

taz: Die CDU hat Koalitionsverhandlungen mit der SPD beschlossen. Halten sie solche Verhandlungen überhaupt noch für realistisch?

Jürgen Scharf: Unsere Hand bleibt ausgestreckt, die SPD kann sich besinnen. Sie muß die Hand schon selbst ausschlagen.

Sind denn konkrete Verhandlungstermine abgesprochen worden?

Nein, nach meinem Wissen hat es keine Annäherung der Standpunkte gegeben. Wir sind weiter verhandlungsbereit, aber die SPD ist offensichtlich nicht bereit, auf uns zuzugehen.

Die SPD setzt ja bei der geplanten Minderheitsregierung darauf, daß die CDU gar nicht umhin kann, sie in bestimmten Sachfragen zu unterstützen.

Ich sehe bislang überhaupt keine Veranlassung, daß wir eine rotgrüne Minderheitsregierung unterstützen werden. Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß sie weit kommen wird. Die PDS wird auch zunehmend einen höheren Preis für die Tolerierung fordern. Nach meiner Prognose wird diese Koalition spätestens bei den Hauhaltsberatungen Schiffbruch erleiden.

Aber die SPD sieht ja in einigen Sachfragen Gemeinsamkeiten mit der CDU. Würden sie generell eine Verweigerunghaltung einnehmen?

Wir haben immer sachorientiert Politik gemacht und würden das natürlich auch weiterhin machen, aber man kann natürlich aus sachorientierter Zusammenarbeit in Einzelfragen nicht ableiten, daß man es schaffen kann, eine Minderheitsregierung über die schwierigen Klippen zu steuern, die hier in Sachsen-Anhalt auf jede Regierung warten. Die Probleme in Sachsen-Anhalt sind so schwerwiegend, daß man stabile Mehrheiten braucht.

Wo könnte denn Höppner in politischen Sachfragen auf Ihre Unterstützung zählen?

Das hängt davon ab, was die SPD tatsächlich durchsetzen will. Wenn sich die SPD an einige ihrer Nestoren erinnert wie zum Beispiel Karl Schiller, kann ich mir vorstellen, daß wir in Sachfragen gar nicht so weit auseinander liegen werden. Wenn sie sich mehr an ihrem linken Flügel orientiert, dann wird es sehr schwer werden.

Sie haben die Frage noch nicht beantwortet: Wo kann eine rotgrüne Minderheitsregierung denn konkret mit Ihrer Unterstützung rechnen?

Im Prinzip in jeder vernünftigen Frage. Wenn die SPD vernünftige Industriepolitik machen will, werden wir dieses auch machen. Wenn wir vernünftige Rechtspolitik machen wollen, dann werden wir das auch zusammen mit der SPD machen. Ich kann mir eigentlich kein Politikfeld vorstellen, wo man sich mit guten Argumenten und mit gutem Willen nicht einigen kann.

Das gilt auch für eine CDU in der Opposition gegenüber einer rotgrünen Minderheitsregierung?

Das wird davon abhängen, welche Sachfragen die SPD auf den Schild heben wird. Aber die Probleme im Land sind ja so gewaltig, daß ich mir nicht vorstellen kann, daß sich die SPD mit den Grünen und mit der PDS auf einen Kurs einigen kann, in dem wir uns dann auch wiederfinden würden. Das ist für mich einfach nicht denkbar. Interview: Eberhard Löblich,

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