Kopf an Kopf in die Große Koalition

■ CDU und Sozialdemokraten schlitterten mit fast gleichen Hochrechnungen durch die Prognosen des Wahlabends von Sachsen-Anhalt / Grüne zitterten um Einzug in Landtag

Magdeburg (taz) — Die Auguren der Meinungsforschungsinstitute widersprachen sich gehörig. Das Wettrennen war schon Minuten vor der Schließung der Wahllokale eröffnet. Mit einem für die CDU positiven Ergebnis schickten die Infas-Forscher die Journalisten an die Telefone. Schon vor dem magischen Termin von 18 Uhr flimmerten die Prognosen über die Agenturticker. Die Konkurrenz von der Forschungsgruppe Wahlen hielt sich an den ungeschriebenen Kodex, vor 18 Uhr absolut den Mund zu halten. Und zeigte den Infas-Kollegen eine lange Nase. Die hatten der CDU wieder einen deutlichen Vorsprung zugemessen. Einen von der Sorte, die sie schon bei den Kommunal- und Europawahlen nach kurzer Zeit korrigieren mußten. Die Kollegen der Forschungsgruppe Wahlen sahen dagegen in der ersten Prognose CDU und SPD in einem Kopf-an- Kopf-Rennen. Einig waren sich die Meinungsforscher nur in einem: die FDP kriegt ihre Quittung für die parteiinternen Querelen nach der Gehälteraffaire. Sie darf der Landtagspolitik für die nächsten vier Jahre von außen zuschauen.

Kommentare dazu mochten die Liberalen erst einmal nicht geben. Man hatte sich zurückgezogen und leckte die Wunden. Auch der SPD drückten die Ergebnisse mächtig aufs Gemüt. Kommentare zu den ersten Prognosen der Meinungsforscher mochte der SPD-Landesvorsitzende Rüdiger Fikentscher vorerst nicht geben. „Die Prognosen sind noch so unterschiedlich, für uns kann noch alles drin sein“, meinte er.

„Fest steht bislang nur eines, der Name des künftigen Ministerpräsidenten endet mit ,-ner‘“, fand der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Uwe Küster. Sonst verkniff sich der Magdeburger Bundessozi alle weiteren Kommentare. „Es kann so werden, und es kann so werden“, weiter wollte Küster nicht spekulieren. Wie seine Landesgenossen klammerte er sich an den Strohhalm, daß Prognosen und Hochrechnungen noch lange keine Endergebnisse sind.

„Wir haben keine Angst vor der Großen Koalition, auch wenn wir der SPD andere Möglichkeiten angeboten haben“, sagt der PDS- Landesvorsitzende Roland Claus und nippt am Schampusglas, bevor er sich der nächsten Fernsehkamera zuwendet. „Ein Zusammengehen von SPD und CDU zeigt uns ja erst recht, wie wichtig eine konsequente und starke Opposition ist.“ Für Claus ist das Ergebnis die Quittung der Wähler „für die Schmuddelkampagne der etablierten Parteien“ gegen die PDS.

Manche Träne floß auch bei den Bündnisgrünen, die sich doch so hoffnungsfroh schon ale Juniorpartner in einer rot-grünen Koalition gesehen hatten. Mit zunächst 5,7 Prozent der Stimmen konnten sie ihr Ergebnis gegenüber 1990 kaum verbessern. In einer späteren Hochrechnung zitterten die Bündnisgrünen dann bei 5,1 Prozent um den Einzug in den Landtag. Ihr Los heißt also: außerparlamentarische Opposition oder Oppositionsrolle gegen eine übermächtige Große Koalition, ganz gleich unter wessen Führung. Eberhard Löblich