Eine Wahl ohne Warteschlangen

■ Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt zeichnete sich bis zum Mittag nur eine geringe Wahlbeteiligung ab / Bis 12 Uhr rund ein Viertel der Stimmen abgegeben

Magdeburg (AFP) – In Sachsen-Anhalt zeichnete sich gestern bei der ersten Neuwahl eines ostdeutschen Landesparlamentes eine geringe Wahlbeteiligung ab. Bis zum Mittag gaben nur 25,7 Prozent der rund 2,1 Millionen WählerInnen ihre Stimme ab. Landeswahlleiter Paul-Uwe Söker sagte, er hoffe, daß es am späteren Nachmittag noch einmal einen „Schub“ in den Wahllokalen geben werde. Im Gegensatz zu den Kommunal- und Europawahlen am 12. Juni gab es diesmal keine Warteschlangen vor den Wahlurnen.

Um die 99 Parlamentssitze bewarben sich 429 Kandidaten von zwölf Parteien. Die Wahl galt als wichtiges Barometer für die Stimmung im Osten. In vielen Städten und Gemeinden in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Rheinland-Pfalz fanden zudem Stichwahlen für Bürgermeister- und Landratsposten statt.

Grund für den vorgezogenen Termin der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt, die ursprünglich wie in den anderen neuen Ländern im Herbst stattfinden sollte, war die Magdeburger Regierungskrise um die Gehälteraffäre von 1993. Bei dem Skandal ging es um überhöhte Gehälter für Regierungsmitglieder. Während die Opposition damals sofortige Neuwahlen forderte, einigte sich die neuaufgelegte CDU/FDP-Koalition auf den 26. Juni.

Bei der Wahl standen sich Ministerpräsident Christoph Bergner (CDU) und sein Herausforderer, SPD-Oppositionsführer Reinhard Höppner, gegenüber. Trotz der Skandale, die mit den Rücktritten des CDU-Regierungschefs Gerd Gies und des Kabinetts von Werner Münch (CDU) innerhalb von einer Legislaturperiode zweimal zu einem Wechsel an der Landesspitze führten, galt die Position Bergners vor der Wahl nicht als gefährdet. Bei den Kommunalwahlen erlitt die CDU zwar Stimmenverluste, blieb aber stärkste Partei.

Für die in sich zerstrittene FDP ging es am Sonntag um die Frage, ob sie den Sprung über die Fünfprozenthürde schaffen würde. Während die Partei bei der Landtagswahl von 1990 noch 13,5 Prozent der Stimmen für sich verbuchen konnte, lag sie bei der letzten Infas-Umfrage nur noch bei sechs Prozent. Bei den Kommunalwahlen war die FDP mit 7,9 Prozent der große Verlierer.

Wahlziel der SPD war es, rund zehn Prozent zu ihrem letzten Landtagsergebnis von 26 Prozent dazuzugewinnen und stärkste Fraktion zu werden. Sollte sie dieses Ziel verfehlen, scheint eine Regierungsbeteiligung dennoch nicht ausgeschlossen. In den letzten Tagen signalisierte Höppner vor der Wahl, daß auch eine Große Koalition nicht ausgeschlossen sei. Drittstärkste Partei wird voraussichtlich die PDS, die bei den letzten Landtagswahlen auf 12 Prozent kam und bei der Kommunalwahl auf mehr als 18 Prozent.