Ohne Stil gibt's auch kein Magazin

Während deutsche Lesbenzeitschriften noch immer in Schülerzeitungsmanier erstellt werden, kann frau sich in Großbritannien am unterhaltsamen Lifestyle-Magazin „Diva“ berauschen  ■ Von Manuela Kay

Geht die gemeine lesbische Zeitungsleserin in freudiger Erwartung an den Kiosk, um etwas über ihr Leben und das ihrer Mitschwestern zu erfahren, so fühlt sie sich in frühe Coming-out-Zeiten zurückversetzt. Vor allem im Printmedienbereich kann sie nur neidisch auf den schwulen Blätterwald blicken. Auch wenn sich über die Qualität von Werken wie Männer Aktuell, magnus, Du&Ich usw. streiten läßt, so bleibt doch die Frage, warum lesbische Publikationen nach wie vor zumeist in winzigen Auflagen, fotokopiert, in Schülerzeitungsmanier an Kneipentresen gehandelt werden.

Ein Grund dafür ist die immer noch währende Ansicht, die Öffentlichkeit wäre der natürliche Feind der Lesbe schlechthin. Ambitionen wie Professionalität oder gar Kommerzialität gelten zudem als anrüchig. Somit bleiben kleine, häßliche und unspektakuläre Heftchen in 500er Auflage. Auch ansprechendere Magazine wie Blattgold oder Blau bieten kaum eine Alternative.

Wenden wir den Blick also dorthin, wo alles anders ist, und das sind ausnahmsweise mal nicht die USA, sondern Großbritannien. Hier gibt es seit einiger Zeit ein lesbisches Lifestyle-Magazin. Staunend blättern wir in einem bunten Hochglanzheft. Diva will Lesben endlich ins Rampenlicht rücken, und, so lassen uns die Herausgeberinnen wissen, für all die, die ein Problem mit dem neuen „lesbischen Chic“ haben, sei mit Mae West gesagt: „Besser man wird besehen als übersehen.“ Und zu besehen gibt es Lesben in jeder Lebenslage, lesbische Kabarettistinnen, lesbische Idole, Fußballteams, Fernsehsendungen. Alles wird mit dem Anspruch einer lesbischen Ästhetik für die geneigte Leserin aufbereitet, und zwar ausgesprochen unterhaltsam und gut recherchiert. Nur fragt sich: Brauchen Lesben ein Lifestyle-Magazin, das selbst vor Modeseiten nicht zurückschreckt? Sehen wir uns einmal in den subkulturellen Treffpunkten um, müssen wir diese Frage mit einem eindeutigen „Ja“ beantworten.

Diva bedient genau das, worauf das lesbische Publikum seit Jahren wartet, nämlich die Mischung aus Infos, guten Bildern und professionellem Layout, die den Lesegenuß auf einmal so unbeschwert machen. Und das alles für nur umgerechnet fünf Mark, in zweimonatlicher Erscheinungsweise. Demnächst soll Diva auch in Deutschland vertrieben werden, dann haben wenigstens diejenigen etwas zu lesen, die des Englischen mächtig sind. Warum wir in Deutschland nun aber weiterhin im zeitschriftenlosen lesbischen Vakuum vegetieren müssen, läßt eigentlich nur eine Erklärung zu – wo kein Stil ist, kann es auch kein Magazin dafür geben.