■ Sachsen-Anhalt schließt Reps von Landtagswahl aus
: Billige Satisfaktion

Befreiungsschlag nennt man im Fußball das blinde Schlagen des Balls ins Aus, wenn man im eigenen Strafraum allzusehr in Bedrängnis gerät. Nach den Ereignissen rund um den Magdeburger Herrentag zeigen sachsen-anhaltinische Politiker der Restrepublik also doch noch, was eine antifaschistische Harke ist: Gemeinsam stimmten die Vertreter der SPD, PDS, Bündnis 90/Die Grünen und CDU in der Wahlkommission gegen die Zulassung der „Republikaner“ zur Landtagswahl am 26. Juni. Anlaß war die aus juristischer Sicht betrachtet sicherlich problematische, konspirative Listenaufstellung der Rechtsaußen-Partei, wie wir sie bereits von der Hamburger CDU her kennen. Politisch gesehen ist der Ausschluß von der Wahl allerdings nicht viel mehr als das Nachtreten auf einen bereits am Boden liegenden Gegner.

Souveräner wäre es gewesen, die Polit-Dilettanten auf ihre Versäumnisse hinzuweisen, ihnen Gelegenheit zur Besserung zu geben, um sie anschließend vom Wähler niederstimmen zu lassen. Trotz ihres Zugpferdes Krause lockt in Sachsen-Anhalt die Partei, die überall da, wo sie bislang in den Parlamenten Farbe bekennen mußte, durch Inkompetenz, Faulheit und Abzocker-Mentalität unangenehm aufgefallen ist, ohnehin kaum jemanden an die Wahlurne. Auf läppische 1,4 Prozent kamen die Reps bei den jüngsten Wahlprognosen in Sachsen-Anhalt. Angesichts des drohenden Debakels hätte es für Schönhubers Gefolgsleute nicht besser laufen können. Einmal mehr bietet man ihnen die Möglichkeit, sich in der Rolle der Verfemten zu suhlen. Und wenn die Partei vor Gericht eine (wahrscheinliche) Wiederholung der Landtagswahl erstritten hat, darf sie auf ein paar Mitgliedspunkte bei all jenen hoffen, die dies als Sieg gegen die „Quasselbude“ Parlamentarismus verstehen.

Erschreckender als die Präsenz der „Republikaner“ in den Wahlkämpfen der nächsten Monate ist der paternalistische Politikstil, der sich augenblicklich breitmacht. Selbsternannte Schiedsrichter glauben, vorschreiben zu können, was für einen vielbeschworenen mündigen Bürger zumutbar ist und was nicht. Dabei hat der sich doch schon längst entschieden, die rechtspopulistischen Schreihälse dahin zu verbannen, wo sie hingehören – ins parlamentarische Aus. Die ums demokratische Gemeinwohl vermeintlich so Besorgten sollten aufhören, auf die billige Tour nach Beifall zu heischen. Satisfaktionsfähige Gegner sitzen in Sachsen-Anhalt derzeit im Landesparlament und den von Rassisten durchsetzten Polizei- und Innenbehörden. Hier gilt es, mit entsprechendem Biß demokratische Kontrolle auszuüben und Platzverweise auszusprechen. Eberhard Seidel-Pielen

Publizist und Autor, lebt in Berlin