Letten gegen Russen

■ Nationalisten werden Riga regieren / Regierungsparteien bei drei Prozent

Stockholm (taz) – Zwei nationalistische Parteien sind die klaren Sieger der Kommunalwahlen, die am Sonntag in Lettland abgehalten worden sind. In der Hauptstadt Riga kam die „Bewegung für Lettlands nationale Unabhängigkeit“ auf 37 Prozent. Zusammen mit der rechtsextremen „Vaterland und Freiheit“, die auf über zehn Prozent kam, wird sie in den kommenden drei Jahren die Stadtregierung stellen. Riga hat mehrheitlich russischstämmige EinwohnerInnen, die bis auf eine Minderheit, die die lettische Staatsbürgerschaft erworben hat, nicht stimmberechtigt waren. Die Rechtsaußenparteien hatten den Wahlkampf nicht mit kommunalen Themen, sondern vorwiegend mit scharfer Kritik an dem von der Regierung geschlossenen lettisch-russischen Truppenrückzugsabkommen geführt. Vor allem die Regelung, daß Zehntausende russischer Pensionäre mit ihren Familien in Lettland bleiben dürfen, scheint einer der Hauptgründe für die Stimmgabe für die Nationalisten gewesen zu sein.

Neben dem Truppenrückzugsabkommen stand die Kommunalwahl im Zeichen einer allgemeinen „Abrechnung“ mit der Regierung, deren Popularitätskurve derzeit auf ständig neue Tiefen absinkt. So wurde sie beschuldigt, gegenüber der eigenen Bevölkerung eine „Ausrottungspolitik“ zu betreiben. Das Kapital befände sich vorwiegend in russischen Händen, während die LettInnen immer mehr verarmten. Die Rechtsparteien stützen sich dabei auf Zahlen, wonach 70 Prozent der LettInnen unter dem Existenzminimum leben und die zehn reichsten Personen des Landes Russen sind. Teilweise nahm der Wahlkampf beim Thema russischsprachige Bevölkerung Formen an, die an antisemitische Kampagnen der deutschen Nazis erinnerte. Die Parteien der Regierungskoalition und Gewinner der Wahlen von 1993, der rechtskonservative „Weg Lettlands“ und die Bauernpartei kamen bei den Kommunalwahlen auf jeweils drei bis vier Prozent. Reinhard Wolff