Zynischer Abschieber

■ Nierenkranker und Hochschwangere sollen in hessische Abschiebehaft

Frankfurt/Main (taz) – Als „unverantwortlich und zynisch“ bezeichneten die Jusos Südhessen gestern das Verhalten von Landrat Jochen Riebel (CDU), der einen im Main-Taunus-Kreis lebenden indischen Asylbewerber, der aufgrund einer schweren Nierenerkrankung dreimal pro Woche dialysiert werden muß, abschieben will. Wenn Bhupinder Singh tatsächlich abgeschoben werde, bedeute das seinen sicheren Tod. Daß Singh in Indien rechtzeitig einen lebensrettenden Dialyseplatz erhalte, halten andere AsylbewerberInnen aus Indien für „mehr als unwahrscheinlich“. Die wenigen Plätze dort müßten von gutsituierten Patienten mit viel Geld erkauft werden. In einem Interview erklärte Riebel, ihm sei es „egal“, was in Indien mit Singh passiere.

Daß sich im Main-Taunus-Kreis inzwischen eine „haarsträubende Abschiebepraxis“ fest etabliert habe, glaubt auch Irene Khateeb vom Amt für multikulturelle Angelegenheiten in Frankfurt. Erst am Donnerstag hätten Mitarbeiter der Ausländerbehörde des Main- Taunus-Kreises versucht, eine im achten Monat schwangere Frau aus Rußland aus dem Bett zu holen und in Abschiebehaft zu nehmen. Wie Rechtsanwalt Hans Heinz Heldmann mitteilte, sei der Ausländerbehörde aufgrund der Vorlage von diversen ärztlichen Attesten durchaus bekannt gewesen, daß es sich bei Schwangerschaft der Frau um eine sogenannte Risikoschwangerschaft handele. Infolge der Aufregung bei der versuchten Abschiebung seien bei der Asylbewerberin die Wehen eingetreten.

In einem Schreiben an das Amt für multikulturelle Angelegenheiten bat Heldmann die Börde darum, alles Erdenkliche zu tun, damit „solchen Barbaren“ – wie Riebel und den Mitarbeitern seiner Ausländerbehörde in Hofheim – endlich das Handwerk gelegt werden könne.

Das Amt hat inzwischen über das Sozialministerium das hessische Innenministerium von den skandalösen Vorgängen im Main- Taunus-Kreis in Kenntnis gesetzt. Klaus-Peter Klingelschmitt