■ Die Landesregierung Sachsen-Anhalts hat noch immer nicht begriffen, welche Fehler sie im Fall „Magdeburg“ beging
: Hoffnungslos verrottet

Was seit jenem berühmt-berüchtigten „Vatertag“ in Magdeburg geschah, stinkt zum Himmel. Doch niemand findet sich, dagegen anzugehen. Da ist ein Polizeipräsident, Stockmann mit Namen: Er hat nicht nur das vollständige Versagen seiner Untergebenen zu verantworten, die eine rassistische Menschenjagd stundenlang unbekümmert zuließen.

Der Mann war zuvor vom Verfassungsschutz gewarnt worden. Außerdem verstieß er auch noch gegen seine eigenen Richtlinien, nach denen Verstärkungskräfte in Bereitschaft zu halten seien. Schließlich vergaßen seine Untergebenen, mittels eines Video-Trupps Straftaten zu dokumentieren, und – Gipfel aller Unglaublichkeiten – sie schickten die Festgenommenen noch am selben Tag wieder nach Hause.

Da gibt es einen Innenminister namens Remmers, den das alles überhaupt nicht stört. Er findet die „gesamte Leistung der Polizei beeindruckend“ und sieht keinen Grund für eine Entlassung seines Polizeipräsidenten.

Da läuft ein Chef des Ordnungsamts namens Thomaser herum, der eine Menschenjagd in der Innenstadt seiner Landeshauptstadt für „nichts Außergewöhnliches“ hält.

Da residiert ein Generalstaatsanwalt Hoßfeld in Magdeburg, der meint, es sei ein „Irrglauben“, man könne mit hohen Strafen das Problem des Rechtsradikalismus lösen. Mehr als eine Woche nach der Jagd auf Ausländer prüft er, ob sich möglicherweise auch Polizisten – und die angegriffenen Ausländer selbst (ausgleichende Gerechtigkeit?) – strafbar gemacht haben könnten.

Angesichts dieser Tatsachen erscheint es müßig, heute noch die Rücktritte dieser Herrschaften zu verlangen. Wenn eine Landesregierung nach diesen Vorfällen nicht selbst auf diese Idee kommt, ist ihr nicht mehr zu helfen. Wenn ein Minister meint, er könne einfach so weitermachen wie bisher, dann ist seine Vorstellung von politischer Verantwortung so verrottet, daß im Vergleich dazu etwa der Ex-Verkehrsminister Krause nachgerade als Lichtgestalt erscheint.

Kein Wort der Entschuldigung bei den Gejagten kam den Magdeburger Verantwortungslosen bisher über die Lippen. Es fällt zunehmend schwer, das Versagen der Behörden auf allen Ebenen nur mit Unfähigkeit zu begründen. Die Beteiligten selbst nähren mit ihrem eigenen Verhalten den fürchterlichsten Verdacht: daß sie selbst Sympathien mit den Tätern hegen. Klaus Hillenbrand