Kreuzberger Gifthaus

■ Behörden: In schwermetallverseuchtem Gebäude besteht keine Gesundheitsgefährdung / Sanierungskonzept vorgestellt

In dem verseuchten Grundstück Mariannenplatz 23/Wrangelstraße 4 in Kreuzberg besteht nach Ansicht von Behördenvertretern keine akute Gesundheitsgefährdung. Es steht jetzt allerdings fest, daß der Komplex mit Schwermetallen verseucht ist. Mit der Reinigung soll möglichst schnell begonnen werden. Die Schadstoffbelastung des Gebäudes, in dem jahrelang zwei chemische Betriebe produziert hatten, wird im Haus als Ursache für zwei Todesfälle und zwei Erkrankungen angesehen.

Nach jahrelangem Abwiegeln der Behörden hatte der Bezirk Kreuzberg im Februar einen Sonderausschuß eingerichtet. Vorgestern stellte das Gesundheitsamt den Betroffenen die Ergebnisse der ersten planmäßigen Untersuchung vor. Martina Beykan, Leiterin des Kreuzberger Gesundheitsamtes, schließt eine akute Gefahr aus: „Auch Leute, die lange im Haus wohnen, haben nicht zuviel Blei im Blut.“ Doch nicht alle Blut- und Urinproben sind schon auf sämtliche Metalle hin getestet worden, die im Staub gefunden wurden. Der gemessene Gehalt an Nickel im Staub war dabei der höchste bundesweit je gemessene.

Um die Aufklärung zu koordinieren, arbeitet seit März ein Projektbeirat aus Betroffenen, Gutachtern und Behördenvertretern. Helga Wiese, Vertreterin der Mieter, berichtete, daß die Stimmung bei den Bewohnern unterschiedlich sei. „Einige sind sehr ängstlich, andere möchten auf jeden Fall im Haus bleiben.“ Sehr besorgten Bewohnern hat der Beirat empfohlen, die Wohnung mit Schutzhandschuhen zu putzen und danach die Wäsche zu wechseln.

Dr. H.J. Beerbalk, der das Gutachten erstellt hat, legte ein Sanierungskonzept vor. Es sieht vor, als erstes die Treppenhäuser zu „entstauben“, danach die Wohnungen. „Sonst wird jeder Umzug zu einem Staubtransport in die neue Wohnung“, warnte er. Sobald das beste Angebot von Spezialfirmen ausgewählt ist, wird in den Treppenhäusern die obere Schicht des Putzes abgetragen.

Blei und Quecksilber können, so Beerbalk, durch diese Methode nicht entfernt werden. Die Nachbarhäuser, in denen diese Metalle in vergleichbaren Konzentrationen gefunden wurden, sollen in die Untersuchung miteinbezogen werden. Erst danach werde über die Form der Sanierung entschieden.

Der Hauseigentümer habe sich bisher „kooperativ gezeigt“, die Kosten zu übernehmen, berichtete Kreuzbergs Bürgermeister Peter Strieder (SPD) auf der Versammlung. Am Vormittag hatten ihm einige Bewohner Tüten mit kontaminiertem Staub ins Rathaus gebracht. Sie forderten weitere Gutachten und finanzielle Entschädigung. Matthias Fink