Kontinuität! Kontinuität! Kontinuität!

■ Scharping in Polen: Außenpolitik Kohls korrekt

Warschau (taz) – „Die SPD sieht die Frage der EU-Erweiterung ganz genau so wie die Bundesregierung“, zitierte die polnische Tageszeitung Rzeczpospolita Rudolf Scharping auf ihrer ersten Seite. Er habe, erwiderte der Kanzlerkandidat auf Fragen von Journalisten, gar nicht die Absicht, sich im Ausland von der amtierenden Bundesregierung abzusetzen, und so setzt er sich auch nicht ab – wie bereits zuvor bei seinem Besuch in Washington. Die „Friedenspartnerschaft“ sei ein erster Schritt auf dem Weg in die Nato für die mittelosteuropäischen Länder, Deutschland wolle keine Aufweichung der Europäischen Union, sondern deren Vertiefung, und Polen müsse für die Vollmitgliedschaft in EU und Nato „eine klare Perspektive“ geboten werden. An welches Datum er dabei denke, verriet Rudolf Scharping allerdings nicht und unterschied sich auch dabei nicht von Vertretern der Regierungskoalition, die vor ihm in Warschau zu Besuch waren.

Scharping war auf Einladung von Polens Außenminister Olechowski nach Polen gekommen und für viele seiner Gastgeber kam er nicht als SPD-Vorsitzender, sondern als künftiger Kanzler Deutschlands, woran besonders die polnische Presse keine Zweifel ließ. Doch Scharping traf sich nicht nur mit Premier Pawlak, Außenminister Olechowski und Präsident Walesa, sondern am Mittwoch vor dem Abflug auch noch mit Aleksander Kwásniewski, der kein Staatsamt innehat, aber Vorsitzender der exkommunistischen Sozialdemokraten ist. Frühere SPD-Vertreter hatten nicht selten Kontakte mit den Sozialdemokraten geradezu ostentativ vermieden und statt dessen Gespräche mit der Freiheitsunion und kleineren sozialdemokratischen, der Solidarność-Bewegung entstammenden Gruppierungen gesucht.

Anfang der achtziger Jahre, so gab Scharping in einem Vortrag an der Warschauer Universität denn auch zu, habe die SPD die Solidarność nicht richtig eingeschätzt. Zur großen Enttäuschung der postkommunistischen Sozialdemokraten und des Ex-Premiers Mieczyslaw Rakowski versuchte die SPD das nach der Wende in Polen durch Abgrenzung von den PVAP (Polnische Vereinigte Arbeiterpartei) nachzuholen. Scharping betonte zwar mehrmals, Sozialdemokraten gebe es in mehreren Parteien und seine Partei suche daher mehr den Kontakt mit Personen statt mit Parteien; doch aus seiner Umgebung war zu vernehmen, man könne eine Regierungspartei nicht genauso behandeln wie eine Oppositionspartei. Und die zu Sozialdemokraten gewordenen Exkommunisten sind inzwischen in der Regierung und waren aus den Wahlen im Herbst als Sieger hervorgegangen. Der Sozialistischen Internationale liegt allerdings inzwischen neben deren Aufnahmeantrag auch einer der „Union der Arbeit“ vor, die frühere einfache PVAP-Mitglieder und frühere Solidarność-Aktivisten vereint und mit deren Vertretern sich Scharping ebenso traf wie mit Vertretern der „Freiheitsunion“ der Partei der Ex-Premierminister Bielecki, Mazowiecki und Suchocka. Klaus Bachmann