Trüffel ohne Schweine finden

■ Forscher entdeckten Geheimnis der Trüffel Nährbodens

Hannover Eine der teuersten Gaumenfreuden verdanken Gourmets in aller Welt bislang ausgerechnet der Spürnase von Schweinen. Die Trüffel – ein im Wurzelgeflecht von Laubbäumen unterirdisch wachsender Edelpilz – muß in der Regel mit Hilfe feinnerviger Borstenviecher im Wald aufgespürt und ausgegraben werden. Die mühsame und preistreibende Suche nach den tollen Knollen könnte jedoch bald ein Ende haben: Ein Forscher der Universität Hannover hat das Geheimnis des Nährbodens entschlüsselt, in dem Trüffel in enger Gemeinschaft mit Eichenwurzeln gedeihen.

„Der Trüffelzucht steht nichts mehr im Wege“, jubelt Dr. Azad Khanaqa, bei dem sich Feinschmecker und interessierte Feinkostfirmen derzeit die Klinke in die Hand geben. Unter freiem Himmel und unter Glas hat der gebürtige Irak-Kurde in den vergangenen Wochen mehrere Kilo der kostbaren Pilze geerntet. Die höheren Weihen erhielt der gezüchtete Gaumenschmaus vom Repräsentanten eines renommierten italienischen Trüffelhändlers. „Ein völlig neues Produkt, interessanterweise mit leichtem Steinpilzaroma“, schwärmte Experte Antonio Viani – und stellte dem Agrarwissenschaftler einen Vertrag in Aussicht. Ein Patent auf die Nährbodenmischung für Europa und Amerika soll Khanaqa die finanziellen Früchte des Erfolges sichern.

Die große Trüffelernte in Niedersachsens Landeshauptstadt steht für Khanaqa am Ende eines langen Forschungsweges, der bereits im Kindesalter begann. „Schon als Junge war ich vom phantastischen Geschmack der Trüffel fasziniert“, erzählt der 51jährige. Der Pilzforschung widmete er sich folglich auch beim Studium in Bagdad und Göttingen. Ein erster Anlauf, der Trüffelkultur auf die Spur zu kommen, scheiterte für den Kurden Anfang der 80er Jahre an den politischen Verhältnissen im Irak. „Der Staat stellte fünf Millionen Mark für diese Forschungen zur Verfügung, doch vor ihrem Abschluß wanderte ich aus“, berichtet Khanaqa.

Während eines UNO-Auftrags im Jemen, später dann am Institut für Pflanzenernährung der Uni Hannover behielt der Wissenschaftler sein Ziel immer im Auge. Sein Hauptproblem: Das Medium, in dem die Pilzsporen an den Baumwurzeln zum Wachstum kommen. Nach 20 Monaten Wartezeit, in denen er die Bildung des Fruchtkörpers ständig beobachtete, entdeckte Khanaqa schließlich Mitte März die begehrten Knollen in seinem Spezialnährboden (dessen Zusammensetzung verständlicherweise noch ein Geheimnis bleibt).

„Der Kilopreis von bisher noch 4 000 Mark für weiße Trüffel könnte in den nächsten Jahren auf einige hundert Mark sinken“, macht der Forscher den Feinschmeckern bereits den Mund wäßrig. Aber nicht nur Gourmet-Zungen dürfen sich über den – nach Khanaqas Angaben – weltweit ersten Zuchterfolg mit Trüffeln freuen. Auch dem körperlichen Wohlbefinden kann es nur dienlich sein, wenn die teuren Pilze demnächst häufiger auf den Teller kommen: Trüffel sollen nicht nur Krebs hemmen und den Cholesterinspiegel senken, sondern auch die Manneskraft spürbar steigern.

Werner Herpell, dpa