Doppelmord im Seniorenheim

■ Zwei Pflegekräfte in Lichtenrader Heim gefesselt und erstochen

Ein Doppelmord an zwei Pflegekräften in einem Altenheim in Lichtenrade gibt der Kriminalpolizei große Rätsel auf. Die Leichen der 37jährigen Pflegerin Gabriela S. und des 27jährigen Pflegers Marko H. waren gestern gegen 5 Uhr morgens von einem Hausmeister in der Stationsküche im ersten Obergeschoß aufgefunden wurden. Beide waren durch mehrere Messerstiche in den Oberkörper getötet worden und lagen an Stühlen gefesselt auf dem Boden. Die 6. Mordkommission ermittelt in alle erdenkbaren Richtungen. Bis Redaktionsschluß lagen keine Erkenntnisse auf den oder die Täter geschweige denn auf ein Tatmotiv vor.

Das „Georg-Kriedte-Haus“ am Kirchhainer Damm in Lichtenrade ist ein städtisches Altenheim. Zur Zeit leben dort 109 Heimbewohner, in der Mehrzahl Frauen. Die meisten der Senioren bewohnen Appartements, der Krankenpflegebereich umfaßt 30 Doppelzimmer. Die beiden Pflegekräfte Gabriela S. und Marko H. hatten in der Nacht zu Mittwoch alleine Dienst. „Das ist bei einem Heim dieser Größe ganz normal“, erklärte der Leiter des Georg-Kriedte-Hauses, Horst Kirschbaum, gegenüber der taz. Die Polizei geht davon aus, daß sich die Tat gegen Mitternacht ereignete. Die Spurensicherung der Kripo befand sich gestern den ganzen Tag vor Ort. Sämtliche Eingangstüren waren verschlossen und von der Polizei bewacht. Aus gutem Grund, denn draußen wimmelte es von Journalisten, Kamerateams und Schaulustigen. Seit dem frühen Morgen im Heim war auch der Tempelhofer Sozialstadtrat Detlef Schmidt (CDU). Jener gab sich gegenüber der Presse nicht ganz so wortkarg wie die Polizei. „Es wurden bislang keine für Laien erkennbaren Einbruchspuren gefunden und keine Tür beschädigt“, so Schmidt zur taz. Daß der oder die Täter unter den Senioren zu suchen seien, hält Schmidt für „unmöglich“. „Die alten Leute haben doch gar nicht die Kräfte für sowas.“ Fremde Personen hätten sich ohne weiteres mit Nachschlüsseln Zutritt in das Haus verschaffen können, weil jeder Heimbewohner einen eigenen Schlüssel für die Haupttüren habe.

Auch das Tatmotiv ist noch völlig ungeklärt. Nach bisherigen Erkenntnissen wurde nichts gestohlen. Die beiden Opfer waren nach Angaben von Heimleiter Kirschbaum schon etliche Jahre im „Georg-Kriedte-Haus“ beschäftigt. Klagen über Gabriela S. und Marko H. von den Bewohnern seien ihm nie zu Ohren gekommen. Es sei vollkommen „abwegig“ zu glauben, einer oder mehrere Heimbewohner seien die Täter.

Die Nachricht von dem Mord und die Anwesenheit der Polizei sorgte gestern im Heim für helle Aufregung. Viele Bewohner hatten aus dem Radio von der Tat erfahren. „Wir werden unser Möglichstes tun, die alten Leute zu beruhigen“, sagte Schmidt. Das mit einer Kegelbahn, einem großen Park und einer Cafeteria ausgestattete Haus habe bislang einen sehr guten Ruf und eine lange Warteliste gehabt: „Es war unser Vorzeigeheim, viele Senioren wollten hierher.“ plu