Krachen im Koalitionsgebälk

■ Sachsen-Anhalts FDP verweigert Koalitionsaussage / Wahlzulassung ungewiß

Es kracht wieder einmal im Gebälk der CDU/FDP-Koalition in Sachsen-Anhalt. Auf dem Programmparteitag der FDP in Halle verkniff sich der liberale Landesfürst Peter Kunert erneut eine klare Koalitionsaussage. Statt dessen zog er kräftig über den christdemokratischen Partner im Magdeburger Landtag her. „Fest steht, daß in keinem anderen neuen Bundesland die Kämpfe um Macht und Einfluß innerhalb einer Koalition so offen und massiv ausgetragen wurden wie in Sachsen-Anhalt und daß der Koalitionspartner nirgendwo so rücksichtslos versucht hat, seine Dominanz auszuspielen“, polterte er am Samstag.

Vorzeitig will Kunert sich von der CDU nicht ins politische Ehebett zerren lassen. Er könne sich nämlich auch andere Konstellationen für eine liberale Politik vorstellen. Damit liebäugelte der FDP-Landeschef recht unverhohlen mit der SPD, der in allen Umfragen derzeit gute Chancen nachgesagt werden, aus den Landtagswahlen am 26. Juni als stärkste Partei hervorzugehen.

Was den Wahlerfolg seiner Partei bei den Landtagswahlen im Juni angeht, so zeigte sich Kunert realitätsfern optimistisch. „Wir werden in Sachsen-Anhalt ein zweistelliges Wahlergebnis erreichen, wir werden drittstärkste Partei in diesem Landtag und an der neuen Regierung beteiligt sein“, versprach er den Delegierten einer Landes-FDP, die in allen derzeitigen Umfragen lediglich zwischen fünf und sechs Prozent herumdümpelt.

Dabei ist noch nicht einmal sicher, ob Kunerts Liberale überhaupt zur Landtagswahl zugelassen werden. Landeswahlleiter Paul-Uwe Söker äußerte jedenfalls erhebliche Bedenken, ob der Verlauf und die Ergebnisse der Listenwahl im März nicht rechts- und verfassungswidrig waren. Mehrere Delegierte hatten nach der Listenaufstellung erhebliche Kritik am Wahlprocedere angemeldet. Manche Delegierte hätten in einzelnen Wahlgängen bis zu zehn Zettel in die Urne geworfen, hieß es.

Bis zun 27. Mai haben die Parteien in Sachsen-Anhalt Zeit, ihre Kandidatenlisten zur Landtagswahl einzureichen. Vier Tage lang prüft dann der Landeswahlausschuß, ob die Listenwahlen und ihre Ergebnisse rechtmäßig waren. Im Falle der FDP ist eine besonders gründliche Prüfung zu erwarten. Kommt der Ausschuß zu dem Schluß, daß bei den Liberalen nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist, dann, so ist jetzt schon sicher, wird Söker die FDP nicht zur Landtagswahl zulassen. Für die FDP wäre dann, ganz ohne Koalitionsaussage, die nächste Legislaturperiode schon vier Wochen vor der Landtagswahl gelaufen. „Eine FDP als außerparlamentarische Opposition“, so unkt ein Delegierter am Rande des Parteitags, „wäre doch auch mal ganz witzig.“ Eberhard Löblich