Elektromagnetische Wellenschläge

■ Mit Metallstangen gegen Erdstrahlen: Wünschelrutengänger sind gefragt

Die Konstruktion ist simpel: Zwei winklig gebogene leichtmetallene Stangen, die landläufig als „Jedermann-Wünschelrute“ für den Hausgebrauch angeboten werden. Der zunächst skeptische Laie ergreift sie beherzt und staunt: Beim Wandeln durch den Raum geraten die Stäbe tatsächlich ins Schwingen. „Kein Wunder“, kommentiert das der professionelle Rutengänger Jürgen Schibielok aus Schenefeld. „Etwa 95 Prozent der Menschen sind empfänglich für alles, was unterirdisch strömt und elektromagnetisch wellenschlägt.“ Allerdings, schränkt er gleich ein, können nur wenige Menschen die Ausschläge der Ruten deuten. Dazu seien Experten wie er gefragt: Die Radiästhesisten – also hauptberufliche Wünschelrutengänger.

Die Nachfrage steigt. Allein die bundesweit rund 40 Experten, die der Vereinigung deutscher Rutengänger (VdR) in Runkel/Lahn (Rheinland-Pfalz) angehören, nehmen jährlich geschätzt 25.000 Untersuchungen auf Grundstücken und in Gebäuden vor. „Wir erkunden die meist ungesunden Auswirkungen von Wasseradern, Gesteinsbrüchen, Globalgittern und Elektrizität und wollen darüber ohne Angst- und Panikmache aufklären“, beschreibt Joachim Thobae aus Neubörm (Kreis Schleswig), Agraringenieur und einziger VdR-geprüfter Radiästhesist in Schleswig-Holstein, sein Aufgabengebiet.

Die Ratschläge der Experten beschränken sich oft nur auf den Hinweis, Betten zu verschieben. „Denn Erdstrahlen lassen sich nicht eliminieren, sondern allenfalls umlenken. Oder man muß vor ihnen weichen“, bescheiden die Wünschelrutengänger rigoros. Sie stützen sich dabei auf die Erfahrungsberichte von Vertretern dieses angeblich „zweitältesten Gewerbes der Welt“. Schließlich soll ja schon Moses beim Zug durch die Wüste mit einem Stab Wasser gefunden haben.

Lebewesen reagieren übrigens recht unterschiedlich. Menschen und Hunde gelten als „Strahlenflüchter“, während Katzen und Insekten Strahlen geradezu suchen. So setzten Imker ganz bewußt ihre Bienenstöcke auf Plätze, die von Erdstrahlen besonders stark betroffen sind. Dadurch steige der Honigertrag, behaupten die Experten.

Bei der Mittelsuche gegen die Naturkräfte warnen die Wünschelrutengänger vor Scharlatanen und teurem „Firlefanz“ aus dem Ladenregal: So sei ein sogenanntes Entstörgerät wie der „Haus-Neutralisator“ nichts anderes als ein bemaltes Scheibchen Holz. Naturmaterialien wie Kupfer, Eichenholz, Kork und Bienenwaben sind zwar wirksame Mittel gegen Kraftfelder, aber kaum in der Praxis anwendbar, meint Schibielok. Recht hat der Mann: Wer schiebt sich schon eine mindestens ein Meter dicke Korkplatte unter das Ehebett, um die Strahlkraft strömender Wasseradern abzudämmen, die den Schlaf rauben und Migräne bereiten ...?

Friedhelm Caspari/lno