Ich bin kein Sozialarbeiter

■ Tischtennisplatten gegen Gewalt? Herbert Grönemeyer gibt Geld für einen Jugendclub in Leipzig-Grünau

Jetzt ist es offiziell: Herbert Grönemeyer unterstützt für die nächsten Jahre das Jugendclubhaus „Völkerfreundschaft“ in Leipzig- Grünau. Die Einnahmen aus der Single „Die Härte“ sollen für Personal- und Sachkosten zur Verfügung gestellt werden, während die Stadt Leipzig sich verpflichtet, den Bau zu sanieren.

taz: Wie kam's, daß Sie sich gesagt haben: Mensch, das mach ich jetzt, da engagier ich mich?

Grönemeyer: Die Idee dazu hab ich ja schon wesentlich länger. Ich finde einfach, man kann nicht immer nur irgendwelche Konzerte machen gegen Gewalt oder gegen Rechts oder gegen Ichweißnichtwas. Und aufgrund dieser doch wirklich harten Sozialpolitik unserer Regierung, gerade in solchen Bereichen wie Jugendheimen, war eben die Überlegung: Was kann man machen, speziell auch im Osten? Gibt's da einen Ansatzpunkt mit dem Geld, was ich verdiene?

Also eine Art Besserverdienendenabgabe?

Nun, ich verdiene ja in ziemlich großem Ausmaß, gerade auch an Platten, die Jugendliche kaufen. Und da sind wir an verschiedene Städte im Osten herangetreten. Leipzig hat sich zuerst interessiert. Das liegt jetzt aber schon Jahre zurück, und als der Club dann doch dicht gemacht werden sollte, hab ich mir gesagt, daß ich in die Öffentlichkeit muß damit, und ich hab das dann auf meine Single „Die Härte“ draufgedruckt – und plötzlich bewegte sich was, plötzlich stellten die Sanierungsgelder zur Verfügung. Und da hab ich mich bereit erklärt, die Personal- und Sachkosten zu tragen. Ich hab die jetzt öffentlich darauf festgenagelt, erst waren es 4,5, plötzlich 6,5 oder sogar acht Millionen. Vor rund einer Woche kam der Vertrag endlich zustande, das war alles sehr kompliziert, verwaltungstechnische Dinge und so. Es gibt im Grunde keine Form, wie Privatleute mit ner Stadt sowas machen. Was jetzt sicherlich nicht passieren darf, ist, daß das als Alibi benutzt wird: Grönemeyer hat was gemacht, jetzt wird die „Völkerfreundschaft“ zum Aushängeschild der Jugendarbeit.

Waren Sie denn selbst schon mal da – so vor Ort?

Ich war selbst da, hab auch schon mal drei Monate in Leipzig gewohnt, das war 1983, hab da gearbeitet, zwei Filme gedreht, insofern war mir Leipzig bekannt, auch Grünau, das ist eben ein typisches Plattenbauviertel, da leben 80.000 Menschen, davon 30.000 Jugendliche, im direkten Einzugsgebiet der „Völkerfreundschaft“ 7.000 Jugendliche – das ist schon ein hartes Pflaster.

In der Pressemitteilung heißt es, daß dieser Jugendclub von der linken wie von der rechten Szene besucht wird. Wie muß man sich das vorstellen?

Nun, Rechte gehen da eben auch hin, da probt auch eine rechte Band im Keller. Aber es ist nicht alles in dem Sinne politisch, da gibt's auch Autoknackergangs oder solche, die das dann zerlegen. Die Idee, die dahintersteht: Wir haben jetzt nach langem Suchen zwei Leute gefunden, die sich nicht nur hinsetzen und Tee trinken. Die sollen wirklich Programme erarbeiten, Begegnungsprogramme zwischen linken und rechten Jugendlichen, mit denen vielleicht Wochenenden verbringen oder auch Projektgruppen anbieten. Das sind auch Leute, die die Szene kennen, einer, der sogar aus der rechten Szene kommt, aber nichts mehr damit zu tun hat, und eine Streetworkerin aus der linken Szene. Mitte April soll das losgehen. Im Moment ist das Haus einfach nur offen, aber da passiert nicht viel außer Tischtennisraum und Café.

Nun ist es ja so, daß die Bereitstellung von Infrastruktur nach dem Motto „Tischtennisplatten gegen Gewalt“ im rechten Umfeld nicht nur Gutes bewirkt hat. Beispiel: das Aktionsprogramm gegen Aggression und Gewalt der Bundesjugendministerin Merkel in 30 Städten Ostdeutschlands. Nach einem Jahr war die Rate schwerer und gefährlicher Körperverletzungen doppelt so hoch.

Die Projekte kenn ich nicht, ich selbst bin ja auch kein Sozialarbeiter. Ich habe einen befreundeten Sozialarbeiter aus Aachen, der mich berät, der auch seit einem Jahr die Verhandlungen führt, der auch die Leute vor Ort mit ausgesucht hat, und wir werden schon sehr genau verfolgen, was da passiert. Sicherlich werden wir da Lehrgeld zu zahlen haben, aber ich glaube schon, daß wir was bewegen können.

Wird auch was in Richtung des schönen Namens passieren: „Völkerfreundschaft“?

Die Idee steckt auch dahinter. Gerade was Vorurteile anbelangt, diese ganzen rassistischen Ideen, da werden wir schon auch versuchen, was abzubauen, aber wenn ich darüber rede, klingt das immer so'n bißchen...

Wie denn?

Na, ich denke, daß Sozialarbeiter, die sich konkret damit beschäftigen, das alles wesentlich konkreter und definitiver sagen können als ich jetzt hier. Also, ich will mir da nicht diesen gewissen Hauch geben, das klingt dann schnell blasiert.

Verstehen Sie ihre Aktion als konkreten Kommentar eines Privatmanns zum sogenannten „Superwahljahr“?

Schon. Auf meiner Single „Die Härte“ ist ja auch von der „Schreibtischriege“ die Rede, und damit sind die Politiker gemeint, zumindest die, die der Änderung des Asylrechts zugestimmt haben. Die haben das Klima nach rechts verschoben, ganz offen und auch wissend. Der sogenannte Asylkompromiß, das ist für mich der eigentliche Kniefall vor den Rechten. Interview: Thomas Groß