Superqualjahr beim ORF

■ Von den Schwierigkeiten, einen Intendanten zu wählen

Wien (taz) – Zwei Sitzungstermine sind verstrichen, und noch immer hat der Österreichische Rundfunk (ORF) keinen neuen Chef, der in der Alpenrepublik „Generalintendant“ genannt wird. In zwei Wahldurchgängen hat sich das fast ausschließlich mit Politikern besetzte 35köpfige ORF-Kuratorium für keinen Kandidaten entscheiden können. Nun genügt im dritten Wahlgang am 23. März eine einfache Mehrheit der Stimmen. Doch der derart Erwählte darf sich dann auch nur für drei Monate als Herr an der Spitze der Monopolanstalt fühlen. Nachdem Generalintendant Gerd Bacher erst im Oktober abtritt, ist sein Nachfolger nur bis Januar im Amt. Dann beginnt mit einer neuerlichen Wahlausschreibung das Spiel von vorne.

Doch Gerhard Zeiler wie Johannes Kunz streben auch eine provisorische Führung an. Noch- RTL 2-Geschäftsführer Zeiler setzt alles auf eine Karte. Seinen Vertrag beim Privatsender, der bis Juni läuft, will er nicht verlängern. Die Chancen des 38jährigen auf ein Comeback in Wien stehen nicht schlecht. Immerhin hat er die erforderliche Zweidrittelmehrheit im bislang letzten Wahlgang nur um drei Stimmen verfehlt. Aber auch sein Herausforderer Johannes Kunz, Informationsintendant im ORF, will weiterkämpfen. Während Zeiler bisher sein Team noch nicht bekanntgegeben hat, hat Kunz für den Fall seines Wahlsieges Zugeständnisse an die konservativen Kuratoriumsmitglieder gemacht. Die sozialdemokratischen Kuratoren haben sich bei der Qual der Wahl zwischen zwei Gesinnungsgenossen auf Zeilers Seite geschlagen.

Daß sich dies auf die rund 3.000 festangestellten ORF-MitarbeiterInnen auswirkt, ist nicht verwunderlich. Der Redakteursrat will nun eine Liste über politische Interventionen herausgeben und so dokumentieren, daß auch „ins oberste Aufsichtsgremium des ORF gewählte Politiker glauben, Parteidisziplin über Unternehmensinteressen“ stellen zu können, erklärte Redakteurssprecher Fritz Wendl. Alexandra Föderl-Schmid