Fahrkarte zum Todesurteil

■ Serbische Deserteure abschieben? Diskussion am Sonntag

Schickt Hamburg serbische De-serteure Zurück in den Krieg? Zehn Diskutanten, darunter Anna Bruhns von der GAL, der Rechtsanwalt Manfred Getzmann, FDP-Staatssekretär im Bonner Justizministerium Rainer Funke und von der Hamburger Innenbehörde Regierungsrat Norbert Smekal, stellen sich dieser Frage am Sonntag morgen im Schauspielhaus. Moderieren wird der Ex-Cheftexter des „Spiegels“ Erich Böhme.

Die Dramaturgen des Schauspielhauses initiierten das Podium, da der Hamburger Senat beschlossen hatte, serbische Kriegsdienstverweigerer und Deserteure von April an zurück ins ehemalige Jugoslawien zu schicken, obwohl ihnen dort Todesstrafe, Zwangsrekrutierung oder Haft unter schlimmsten Bedingungen droht. Hamburg beruft sich dabei auf die angebliche Aufhebung der Todesstrafe in Serbien, mit der „die Aufenthaltsberechtigung der Flüchtlinge für Deutschland wegfällt“, so Norbert Smekal. De facto bestehe in Ex-Jugoslawien genug Spielraum, die Todesstrafe an Kriegsflüchtlingen zu vollstrecken, erklärt dagegen Judith Gerstenberg, Dramaturgin am Schauspielhaus.

Wenn sie nicht zum Tode verurteilt werden, erwartet die Deserteure bei ihrer Rückehr der Fronteinsatz in Himmelfahrtskommandos: „Ich weiß, daß die Deserteure an die Frontlinien geschickt werden, und daß ihnen nach dem Kriegseinsatz 15 bis 20 Jahre Gefängnis drohen“, sagt Gerstenberg. Wieviele der rund 60.000 nach Deutschland geflohenen serbischen Kriegsdienstverweigerer nach Hamburg kamen, ist unklar. Flüchtlingsorganisationen sprechen von mehreren Tausend, Smekal rechnet mit „nicht mehr als hundert Betroffenen“. Die Aufforderung des UN-Flüchtlingskommissariats, „internationalen Schutz für diese Menschen zu fordern“, werde ignoriert, so die Veranstalter, obwohl „das Ausländergesetz der Bundesrepublik Möglichkeiten vorsieht, diesen Aufenthalt zu gewähren, werde dies offenbar politisch nicht gewollt“. Ob der Senat die Abschiebung durchführt, hängt nur noch von der fehlenden Einwilligung eines Drittlandes, eine Transitstrecke für den Menschentransport freizugeben. Aus Angst vor Repressalien werden betroffene Flüchtlinge jedoch, wenn überhaupt, nur inkognito im Schauspielhaus sein. Die serbische Geheimpolizei registriert alle politischen Aktivitäten ihrer geflohenen Landsleute. wie

20. 3., 11 Uhr, Schauspielhaus