Die Dee als Fernsehtante

■ Georgette Dee lädt Voyeure zu "Diva Pur", heute um 22.05 Uhr, N 3 und ORB

„Ich wollte nie berühmt werden“, erklärt Georgette Dee. Zu spät. Längst hat sie so renommierte Bühnen wie das Berliner Schiller Theater und jüngst auch die Wiener „Burg“ erobert. Daß sie dort ein volles Haus hatte, schreibt Georgette nicht zuletzt der österreichischen Gazette Die ganze Woche zu, die versucht hatte, einen Skandal loszutreten: Transvestiten gehörten nicht auf die Renommierbühne, behauptete das Blatt. Auf der Bühne nahm Georgette es mit Humor. Sie habe gehört, es sollten ein paar Transvestiten auftreten: „Hoffentlich kommen die nicht in unser Programm.“

Seit sie dieser Tage auch noch mit dem deutschen Kleinkunstpreis, jenem Karrierekatalysator mit Erfolgsgarantie für unsichere Veranstalter, ausgezeichnet wurde, ist die androgyne Diseuse endgültig über die schwule Gemeinde hinaus zur öffentlichen Person geworden. „Im Moment bin ich an einer Schwelle, wo ich mich fürchte“, sinniert die Diseuse. „Man muß immer so aufpassen, daß man sich nicht selbst verliert.“

Der kometenhafte Aufstieg hat aber auch eine erfreuliche Seite: „Wir hatten nie viel Geld in den ersten Jahren. Nun ist Erntezeit.“ Ihr Erfolg war sogar dem Manager- Magazin eine Doppelseite wert. Da erfahren die geneigten Leser, wie sich der Star als „Außenseiter“ fühlt: „Wäre ich eine Frau geworden, gäbe ich heute wahrscheinlich eine spießige, intolerante Kuh ab“ oder „die ideale Ehefrau eines Topmanagers.“

Neuerdings findet auch das Fernsehen Sendeplätze für die schwule Diva, ihre frechen und oft melancholischen Lieder und die schnoddrigen, direkten, aber nie niveaulosen Geschichten, die das Leben, die Liebe oder eben die Dee schrieb. So darf sich die Chansonette heute bei N3 live auf dem früheren Sendeplatz der Schmidt- Mitternachtsshow präsentieren. Bei „Diva pur“ werden die Grande Dame und ihr Pianist Terry Truck zwar im Mittelpunkt stehen, aber nicht im klassischen Sinne moderieren. „Hauptidee ist, daß der Fernsehzuschauer sich wie eine Art Voyeur erlebt.“ Wie durch ein Schlüsselloch soll er in die verschworene Gemeinschaft hineinlinsen, die sich in „Angies Nightclub“ auf der Hamburger Reeperbahn zusammenfindet. Das Live- Publikum mußte gestern schon einmal antreten, um seine KomparsInnenrollen zu üben. „Spielfilmshow“ hat Georgette Dee dieses Konzept getauft, das allerdings ein einmaliges Ereignis bleiben soll. Der Grund ist banal: Als Gäste hat sie „alle meine Freunde“ eingeladen. Dieser Vorrat ist nun erschöpft.

„Ich sehe meine Zukunft nicht als Fernsehtante“, sagt der berühmteste Sproß des Dorfes Sülze in der Lüneburger Heide, nicht ohne doch noch eine Idee zu verraten. Die Phantasie für einen regelmäßigen TV-Abend hat der Biolek-Fan („rumdum genialer Talkmaster“) nämlich doch schon im Kopf. Schauplatz wäre ein Schloß in Mecklenburg-Vorpommern, in das sich die Diva von der bösen Welt zurückgezogen hat. Ihre Gäste sollen dort berichten, wie es draußen aussieht.

Wichtig ist ihr, daß eine Liebe zum Objekt rüberkommt. „Es gibt Sachen, die sind richtig billig. Harald Schmidt hat sich zum Beispiel mit ,Schmidteinander‘ verschätzt“, ärgert sie sich. „Es ist nicht verwerflich, wenn jemand Geld verdienen will. Aber dann soll er es so geschickt machen, daß die Zuschauer es nicht merken.“

Ob sie es besser kann, will die Dee nur zeigen, wenn sie – wie für die heutige Show – danach gefragt wird. Denn ihr fehlt, wie sie gesteht, eine Begabung, die sie zumindest im Manager-Magazin zur Ausnahmeerscheinung macht: „Einkaufen kann ich wirklich gut, aber verkaufen ist mir oft peinlich.“ Werner Hinzpeter