Hinz+Kunst für Hinz&Kunzt

■ '68er Klassikgruppe spielt heute für Obdachlosenzeitung

Gut 25 Jahre liegt es zurück, daß sich im Zuge der Studentenbewegung einige Studenten der Musikhochschule Hamburg genötigt sahen, klassische und zeitgenössische E-Musik dem „Volk“ näher zu bringen. Verbunden mit damals populären politischen Ansprüchen versuchte Hinz+Kunzt (später umbenannt in Hinz+Kunst), „die musikalische Kunst aus dem Elfenbeinturm rauszukriegen und für ein größeres Publikum populär zu machen“, so das ehemalige Mitglied Niels Hoffmann. Einige Jahre war die Gruppe mit ihren Konzerten zwischen „Straße und Konzertsaal“ ziemlich erfolgreich. 1977 wurde sie von der Deutschen Phonoakademie für die Kollektivkomposition „Streik bei Mannesmann“ als „Künstler des Jahres“ ausgezeichnet. Hinz+Kunst spielten mit Künstlern ebenso wie mit italienischen Bauern oder Arbeitern von Mannesmann und HDW. Hans Werner Henze komponierte Stücke für das Ensemble und bekannte Hamburger Komponisten wie Jens-Peter Ostendorf oder Thomas Jahn gehörten zeitweise der Gruppe an.

Ein viertel Jahrhundert später gibt es in Hamburg ein neues Projekt mit gleichlautendem Namen, die Obdachlosenzeitschrift Hinz&Kunzt. Nach knapp sechswöchigem Bestehen kann die monatlich erscheinende Zeitung, die nur von Obdachlosen verkauft wird, die von dem Verkaufspreis (1,50 Mark) eine Mark erhalten, phänomenale Erfolge verzeichnen. Die Startauflage von 30.000 Exemplaren war bald vergriffen, und die Dezemberauflage wurde verdoppelt. Niels Hoffmann hörte in Kassel davon. Dort arbeitet er mittlerweile als Kappellmeister. Er nahm Kontakt zu einigen ehemaligen Mitgliedern seiner Gruppe auf, um dieses Obdachlosenprojekt zu unterstützen.

„Wir waren alle sofort begeistert von der Initiative, denn neben dem Namen gab es auch weitere Parallelen zu uns“, meint Niels Hoffmann. So war das Anliegen der Musiker immer, den Leuten auf der Straße etwas nahe zu bringen, das sie bisher nicht kannten. Gleiches beabsichtigen die Macher und Verkäufer von Hinz&Kunzt.

Hoffmann erreichte, daß drei seiner Ex-Kollegen spontan zusagten, einen Benefizabend zugunsten des Projektes zu veranstalten. Neben Hoffmann werden die Professorin an der Musikhochschule Hamburg, Hedwig Florey (Klavier), Thomas Jahn (Posaune) und der Turmbläser des Michels Horst Huhn (Trompete) mit dabei sein; ebenso der Chor Hamburger GewerkschafterInnen.

Die Zuhörer erwartet Spirituals, Psalme, Stücke von Brecht und Traditionelles aus aller Welt. Der Abend steht unter dem Motto „Gebt uns Herberg heut“. Zumindest für das Konzert wird dieser Wunsch für Obdachlose in Erfüllung gehen – für sie ist der Eintritt frei. Peter Behrendt

20 Uhr, Gnadenkirche, Karolinenstraße 8.