Jetzt erstmal Schluß mit lustig

■ Das war die Schmidtshow: ein Abgang nach Maß, eine Party ohne Spaß, die Aussichten eher blaß / Legenden werden gestrickt

Der Abspann war kaum gelaufen, da beschworen die „Grabredner“ im Tivoli die Sendereihe schon als „Legende“. Die definitv letzte Schmidt-Mitternachtsshow im Fernsehen soll es gewesen sein, die am Samstag auf N3 ausgestrahlt wurde. Schon im Januar, befand NDR-Unterhaltungschef Rochus Bassauer, würden selbst die Kritiker sie vermissen. Er lobte die Sendung, die „auch mal richtig schlecht sein durfte und davon kräftig Gebrauch gemacht hat“. Was Showgast Hella von Sinnen zum Konter „Die Ausrutscher sind doch die Legende“ inspirierte.

Zum Ende waren alle Register, die die Show in den vergangenen vier Jahren ausgemacht hatten, noch einmal gezogen worden. Als Kulisse wurde die Herbertstraße nachgebaut, Herr Schmidt (Corny Littmann) erschien als Lude mit riesigen Macholetten-Puschen, Frau Jaschke (Jutta Wübbe) war selbst im neuen Kleid ganz die alte, und Lilo Wanders (Ernie Reinhardt) diesmal als Puffmutter.

Fast sämtliche Showgäste paßten ins Schema „öffentlich-rechtlich homosexuell“: Hier ein Küßchen mit Rio Reiser, dort die unvermeidliche Schwulenmutti Marianne Rosenberg, und dann gleich zwei Nummern mit nackten Kerlen. Als Talentschmiede war der zweieinhalbstündige Abend allerdings nicht geeignet. Es dominierten etablierte Stars: Udo Lindenberg und der Kabarettist Thomas Freitag, die schon genannte Hella von Sinnen und Angie Stardust.

Nun hätte der Abend zwar einige Kürzungen vertragen: Das Telefongespräch Littmanns mit einem gewissen Udo war genauso langweilig wie die Sängerin Franka Schweitzer, die trotz lautstarken Publikumsprotestes fröhlich weiterträllerte. Doch insgesamt war es ein Abgang nach Maß mit einigen Ideen. Darunter ein kurzfristiger Rollentausch der drei Protagonisten mit den Kamaraleuten und ein Beruhigungsbesuch Lilo Wanders bei den nicht eingelassenen Besuchermassen am Spielbudenplatz.

Ab April, so ließen Schmidt-Theater und NDR verlauten, werde es eine Nachfolgesendung von der Reeperbahn geben, wieder mit viel Kleinkunst, doch mit ganz anderen Moderatoren. Im Gespräch seien Hamburger, die jünger sind und nicht (offiziell) homosexuell. Dennoch hielten sich Samstag hartnäckige Gerüchte, nur Jutta Wübbe werde mit Sicherheit nicht mehr dabei sein. Allseits wird versprochen, auch die monatliche Folgeshow werde sehenswert für alle, die die Schmidtshow mochten. Zumindest die politischen Ansätze, bedauerte Samstag einer der Planer, werden wohl verloren gehen.

Hier wurden am Abschiedsabend noch einmal Akzente gesetzt. Littmann beklagte in der Sendung, daß ihm der NDR die Einlösung eines Versprechens bei den Kulturtagen der Behinderten in der Hamburger Uni verboten hätte: Er wollte die Show simultan in Gebärdensprache übersetzen lassen, die ARD habe dies nicht gestattet. Etwas aufgesetzt verkündeten die drei dann auch noch ein einmütiges „Hafenstraße bleibt“.

Als alles vorbei war, gab es Blumen, lange Reden, ein paar Tränen und eine Party im Tivoli. Es fehlte an Musik, Suppe und gemütlichen Plätzen. Wäre nicht die jüngst mit dem deutschen Kleinkunstpreis geehrte Georgette Dee noch einmal mit Pianist Terry Truck auf die Bühne gestiegen – zu diesem Zeitpunkt äußerlich allerdings schon Georg und nicht mehr Georgette – hätten sich wohl alle Gäste besser an eine Erkenntnis von Lilo Wanders gehalten: „Meine Aura erlaubt es gar nicht, daß ich diesen Alptraum noch weitererlebe.“