■ Zum Personalvorschlag des Bundesverfassungsgerichtes
: Ein Nicht-Vorschlag

Das Bundesverfassungsgericht wirft den Ball zurück. Es mischt sich in die Entscheidung des Wahlausschusses des Bundestages nicht ein und dokumentiert mit seinem Dreiervorschlag – den es machen muß: Ihr entscheidet über die Personalia am Bundesverfassungsgericht, nicht wir. Das ist eine kluge Entscheidung. Immerhin geht es um den Vizeposten und später auch um den Gesamtvorsitz des Bundesverfassungsgerichts. Es stünde der Würde eines Gerichts, das ohnehin mehr und mehr originär politische Entscheidungen trifft, nicht gerade gut an, wenn es künftig auch noch die Besetzung der Richterstühle in eigener Regie besorgen wollte.

Diese Interpretation ist auf den ersten Blick nicht naheliegend, fällt doch vor allem auf, daß die SPD- Kandidatin nicht auf der Liste steht. Logischer Schluß: Das BVG spricht sich gegen Herta Däubler- Gmelin aus. Entsprechend blindwütig wird die Union die Liste als Anlaß nehmen, erneut die Kandidatin zu diskreditieren. Wer aber sind die Aufgelisteten? Sind es ernstzunehmende Vorschläge für den Posten? Auf der Liste stehen zwei Frauen und ein Mann. Wilfried Penner kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Posten mit einer Frau besetzt werden soll. Auch ist er nicht hinreichend juristisch profiliert.

Und die beiden Frauen? Der Öffentlichkeit sind beide unbekannt. Margot von Renesse, Familienrichterin und seit 1976 Mitglied der Rechts- und Innenpolitischen Kommission der SPD, und die Bundessozialrichterin Renate Jäger mögen juristisch bewandert sein. Für den überaus politischen Senat des Bundesverfassungsgerichts (Maastricht, Awacs, Somalia, Asyl) qualifiziert sie wenig. Die Kriterien für die Mahrenholz-Nachfolge sind schnell genannt: Frau, politisch und juristisch höchst profiliert, als auch in der Öffentlichkeit derart anerkannt und bekannt, daß es dem Ansehen des Amtes gerecht wird.

Das Bundesverfassungsgericht war zu dieser Null- Lösung nicht gezwungen. Es hätte andere, Ernstzunehmende, auf die Liste setzen können. So waren die hessische und die hamburgische Justizministerin, Hohmann-Dennhard und Peschel-Gutzeit, im Gespräch. Auch hätten sich die Bundesverfassungsgerichtsrichter dafür entscheiden können, jene drei auf die Liste zu setzen, die in den letzten Monaten für den Posten im Gespräch waren: Herta Däubler-Gmelin, Jutta Limbach und Jürgen Schmude. Dieser Einmischung haben sich die höchsten Richter enthalten.

Der Begleitbrief des Bundesverfassungsgerichts ist vielleicht das aussagekräftigste des ganzen Unterfangens. Dort heißt es, daß die Liste erläuterungsbedürftig sei, daß die Vorgeschlagenen den Richtern bekannt seien (wenigstens denen) und daß die Richter sich nicht einmischen wollten. Das in der Tat haben sie mit ihrer Liste aufs deutlichste dokumentiert. Und was bedeutet das für Herta Däubler-Gmelin? Aus einer Negation folgt keine positive Aussage. Die Tatsache, daß das Gericht einen Nicht-Vorschlag macht, kann nicht als Bekenntnis für sie gewertet werden, ebensowenig gegen sie. Den Erfordernissen des Postens jedenfalls genügt sie allemal, der Rest ist – wie gehabt – politischer Machtkampf. Julia Albrecht