„Cunnilingus irgendwoher“

■ Helmut T. langweilte sich ziemlich bei Hellmuth K.

Viele haben sich schon an ihm versucht. Denn er ist ein Talkgast, der den Sündenfall des deutschen Fernsehens gleichsam personifiziert. Zu gerne stellt man sich vor, wie er – Buddha gleich – vor der Glotze hockt und mit sabberndem Eifer die schleimigen Plattitüden Thomas Gottschalks beklatscht, sich beim „Heißen Stuhl“ vollaufen läßt und vor Russ Meyers „Supervixens“ das Licht herunterdimmt.

Doch keinem ist es bisher gelungen, ihn aus der Reserve zu locken: Helmut Thoma, promovierter Kirchenrechtler und Geschäftsführer von RTL, dem derzeit erfolgreichsten Fernsehprogramm Deutschlands, ist „ein Herr“. Das mußten auch Hellmuth Karasek und Nikolaus von Festenberg, die beiden Kulturverweser des Spiegel, in der Sendung „Spiegel-Thema“ (Vox, Sonntag, 12 Uhr) wieder einmal feststellen.

Die rhetorische Kunst des RTL- Geschäftsführers funktioniert etwa so: Karasek feuilletoniert von „früher“. Da habe ein Medienmacher nur das gekocht, „was er auch selber gerne ißt“. Welchen „Teil ihres Programms würden Sie essen wollen?“ Helmut Thoma, der diese Art von Fragen seit Jahren herunterwürgt, antwortet darauf, was er seit Jahren antwortet: Er erbringe lediglich „eine Dienstleistung... ist mir völlig wurscht“. Jetzt kommt Hellmuth Karasek auf den Geschmack: „Die Leute essen ja jeden Schmarrn“, sinniert er – und hat sich schon verschluckt.

Denn der Mann aus Österreich legt bereits das Besteck für sein Lieblingsthema zurecht: Fernsehen sei wie „eine demokratische Abstimmung“. Jeder nimmt sich, wonach ihm der Appetit steht. Kritiker Karasek, mit dem Bauch unterm Tisch eingeklemmt, entrüstet sich: Das sei ja wie anno '68. „Freßt Scheiße! Milliarden Fliegen können sich nicht irren.“ Und schon kann „der Herr“ sich von so viel intellektuellem Dünkel souverän distanzieren, dezenten Hohn über die „Geisteselite“ ausgießen und mit kokettem Understatement seine Interviewer fragen: „Mein Gott, wer hat schon ein hohes Niveau?“

Später schildert Nikolaus von Festenberg noch händeringend, wie „beunruhigt die Menschen“ bei den „Elternabenden“ seien, und auch, jeder Zehnjährige kenne „inzwischen den Cunnilingus (!) irgendwoher“. Da mußte er einmal lachen, der Thoma Helmut. Ansonsten hat er sich wohl ziemlich gelangweilt. Achim Baum