■ Deutschlandtour
: Sozial völlig isoliert

Die Zahl der in Frankfurter Bordellen arbeitenden Frauen aus Südostasien ist in den letzten Jahren ständig gestiegen. Sie kommen zu über 90 Prozent aus Thailand – philippinische Prostituierte sind eher die Ausnahme. Ihr winziges Zimmer im Bordell ist Arbeits- und Wohnplatz zugleich. Sie sind mit dieser Adresse gemeldet und besitzen keine eigene Wohnung. Ihre rechtlich unsichere Situation sowie der Zwang, Getränke und Lebensmittel im bordelleigenen Kiosk zu erwerben, verhindern jeden Schritt vor die Tür. Sie sind sozial völlig isoliert, kennen die deutsche Sprache nicht, kennen ihre Rechte nicht.

So leben viele ausländische Prostituierte wie Gefangene in einem Bordellzimmer, für das sie im Schnitt über 200 Mark am Tag zahlen müssen. Diese Kosten gestatten keine Ruhepausen, selbst bei Krankheiten nicht, was die Gefahr eines rapiden körperlichen Verschleisses mit sich bringt. Der Preis pro Freier liegt im Durchschnitt bei 40 Mark, das ist weniger als bei deutschen Prostituierten.

Studien, die der Herkunft und den Motiven thailändischer Prostituierter nachgehen, weisen nach, daß die Frauen hauptsächlich aus dem wirtschaftlich desolaten Nordosten des Landes kommen. Sie waren dort verheiratet und haben in der Regel auch Kinder, die bei den Großeltern aufwachsen. Manche Frauen wurden mit falschen Arbeitsversprechungen nach Deutschland gelockt, die meisten reisen jedoch mit der Absicht ein, der Prostitution nachzugehen.

Die Frauen arbeiten hier, um ihre Großfamilie im Heimatland zu ernähren. In welchem anderen Job können sie ohne Sprachkenntnisse und Berufsausbildung genug Geld verdienen, um der Familie das Überleben zu sichern?

Seit 1989 besteht für die Einreise aus Thailand und den Philippinen in die Bundesrepublik Visumzwang. Frauen, die mit dreimonatigem Touristenvisum einreisen und beabsichtigen, einen deutschen Mann zu heiraten oder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, werden damit automatisch Illegale und verstoßen gegen die hiesigen Ausländergesetze. Eine Aufenthaltsgenehmigung zum Zwecke der Prostitution zu beantragen ist zwecklos. Denn Prostitution wird in der Bundesrepublik zwar generell nicht verboten, als Erwerbstätigkeit wird sie aber nur steuerrechtlich anerkannt. So arbeiten Asiatinnen entweder illegal (mit Touristenvisum) oder gehen zur Legalisierung ihres Aufenthalts eine Scheinehe mit einem Deutschen ein. Viele der Frauen vertrauen deshalb auf die Hilfe von Schleppern, die ihnen gegen viel Geld helfen, die Hürden der Einreise zu nehmen. Oder hier schon arbeitende Freundinnen vermitteln ihnen aus einschlägigen (Zuhälter-)Kreisen Ehemänner. Sie müssen für diese Eheschließung, die ihren Aufenthalt legalisiert, mehrere tausend Mark zahlen und sind damit auf Jahre auf diesen Mann angewiesen. Denn erst nach drei bis vier Jahren erhalten sie als Nicht-EG-Migrantinnen ein eigenständiges, eheunabhängiges Aufenthaltsrecht.

Ihre Ansprüche an die Frauen klagen diese Männer oft durch Mißhandlungen ein. Der Status dieser Frauen als ausländische Prostituierte setzt sie zweifacher Diskriminierung aus: als Prostituierte rangiert sie auf der sozialen Skala ganz unten, als Ausländerin ist sie dazu noch von Verhaftung und Ausweisung bedroht, ein von Polizei, Ausländerbehörde und Justiz praktizierter Ausdruck von gesellschaftlicher Doppelmoral.Fabienne Zwankhuizen