Das muß auf den Präsentierteller!

Baller Foto: Marily Stroux

Hinrich Baller, Berliner Architekt und Hochschulprofessor an der HfBK in Hamburg, setzt planerisch das Modell der Baugruppe Hafenstraße um.

taz: Herr Baller, Sie haben für den ehemaligen Bauwagenplatz einen Entwurf ausgearbeitet, der den Vorgaben der Baugruppe Hafenstraße entspricht.

Hinrich Baller: Der Hafenrand ist eine der emotionalsten Ecken Hamburgs, ein Schnittpunkt zwischen Idylle und Großstadt. Das muß auf den Präsentierteller! Ich will, daß die Leute einen Bezug spüren zwischen Tradition und Realität. Es ist doch längst so: Wenn Helmut Schmidt die Mütze aufzieht, weiß keiner mehr, warum.

Wie sieht der Bau aus?

Das Erdgeschoß ist kaum nutzbar, dorthin kommen Garagen, versteckt hinter einer offenen Front mit Platzcharakter, der zum Verweilen einlädt. Einen Stock höher sind die Sozialräume: die Stadtteilhalle, das Badehaus, die Kantine, die Kindertagesstätte. In den zweiten Stock kommen Büros und Gewerberäume, darüber eine Etage Läden. Diese Einheit schließt räumlich ab mit der Terrasse des benachbarten Sozialbaus und bildet so eine städtebauliche Brücke. Über den Komplex kommen vier Stockwerke Wohnungen. Nach hinten verläuft ein U-förmiger Innenhof. Dorthin, wo Sonne ist und Begrünung, orientiert sich die Kita. Zentrum des Ganzen ist die Stadtteilhalle, die, auf Punktstützen gestellt, durch viel Glaselemente Licht einläßt.

Das klingt schön, aber hoch.

Tatsächlich ist es höher, als der Bebauungsplan vorsieht. Aber der ist ohnehin steinalt und nicht mehr zeitgemäß. Auch Dirksen will höher bauen, auch er benötigt eine Sondergenehmigung. Ich halte es für vertretbar, ebenso hoch zu bauen, wie die benachbarten Häuser sind. Zudem gewinne ich Nutzfläche durch eine geringere Deckenhöhe und eine tiefe Ausschachtung in den Hang.

Dirksen würde sagen: Solch aufwendige Architektur ist mit sozialem Wohnungsbau nicht zu finanzieren.

Das ist eine typische SPD- Denke: Arme Leute gehören in Arme-Leute-Wohnungen, einfach muß auch einfach ausschauen. In Berlin habe ich bewiesen, daß auch sozialer Wohnungsbau besondere Architektur haben kann. Es ist ein Finanzierungsmodell, keine Bauform. Die Vorgaben sind kein Hindernis für kreative Architektur. Dirksens Modell hat übrigens einen Haken: Es ist die teuerste Form von Sozialbau, sprich: viele St. Paulianer werden sich die Mieten von 12 bis 14 Mark pro Quadratmeter gar nicht leisten können. Uns schwebt dagegen vor, eine Abzahlung auch durch Selbsthilfe zu ermöglichen. Wer mitbaut, kann auf diese Art Anteile bekommen. Das wurde in Berlin bereits erfolgreich praktiziert.

Sozial- und Gewerberäume werden nicht vom sozialen Wohnungsbau finanziert.

Deshalb planen wir ein Modell der Mischnutzung und Mischfinanzierung. Die Wohnungen per sozialem Wohnungsbau, die Sozialräume aus anderen Töpfen, die Gewerberäume privat finanziert. In Berlin haben wir das schon gemacht. Es ist nur arbeitsaufwendiger: Es muß ein Paket geschnürt werden, wo alles zusammenkommt. Deshalb ist auch die Trägerschaft so wichtig: Ist der Träger die Genossenschaft, so kann sie sowohl Gelder für den sozialen Wohnungsbau abfordern als auch private Finanziers für die gewerblichen und sozialen Räume suchen. Eine Genossenschaft läßt mehr direkte Mitbestimmung durch die späteren Bewohner zu.

Warum sträubt sich die Stadt gegen Bürgerbeteiligung?

Dann müßten viele Beamte aus ihrem Tiefschlaf aufwachen