Beziehungs-Jo-Jo als schicke Banalität

■ Deutsche Erstaufführung von „Haut an Haut“ im Theater in der Basilika

Zwei schicke Menschen lernen sich in einer schicken Bar kennen und bemühen sich, möglichst cool zu sein. Schließlich wollen beide eine hübsche Nacht mit ihrem Gegenüber verbringen. Das Zwei-Personen-Stück Haut an Haut von Jorge Diaz, das Samstag im Theater in der Basilika seine deutschsprachige Erstaufführung erlebte, beginnt harmlos und bleibt es auch fast durchgängig.

Die Geschichte von Nascha (Xenia Fitzner) und Jocho (Gunnar Dreßler) verläuft bläßlich und alltäglich. Im steten Wechsel zwischen Anziehung und Abscheu verfestigt sich der gemeinsame Seitensprung der beiden verheirateten Protagonisten zu einer Beziehung. Jeden Freitag treffen sie sich für zwei Stunden in einem billigen Appartement. Nur ganz allmählich geben beide mehr von ihren Gefühlen frei, die Jocho hinter seiner verklemmten Zurückhaltung und Nascha hinter ihren triebhaften Ausbrüchen verbirgt.

Xenia Fitzner als Nascha und der Basilika-Theaterdirektor Gunnar Dreßler als Jocho können sich noch so sehr bemühen, die von ihnen glaubwürdig verkörperten Figuren bleiben banal, und die Handlung hat zu wenig Zug. Die erotischen Szenen wirken wie die aufgesetzten Versuche, der alltäglichen Verklemmung zu entfliehen, und bewirken dadurch aber letztlich das Gegenteil.

Auf Drängen Naschas verlängert sich einer der Treffs am Freitag in eine ganze Woche ununterbrochener Zweisamkeit in ihrem Appartement, das sich währenddessen zu einer Müllhalde verwandelt. An dieser Stelle wird das Zwei-Personen-Stück turbulent und damit auch unterhaltsamer. Die Spannung zwischen beiden eskaliert. Beide wollen und können nicht von einander lassen; jeder ihrer Versuche, aus der vertrakten Beziehung auszubrechen, endet wie bei einem Jo-Jo-Spiel mit der Rückkehr. Der schöne Schein, den Jocho und Nascha sich gegenseitig vorgemacht haben, zerbröckelt dabei immer mehr.

Nascha erzählt von ihrer gescheiterten Ehe, in der sie längst neben einer schönen, symphatischen und erfolgreichen Geliebten ihres Gatten zur Nebenfrau geworden ist. Jocho gesteht — ach, wie tragisch — seine Liebe zu einem viel jüngeren Mann ein, wobei seine Erklärungen lange um den heißen Brei kreisen, bis sie halbwegs konkret werden.

Das Stück ist für flotte Theater-Unterhaltung zu langsam, für tiefergehende Auseinandersetzungen zu inhaltslos. Die Idee, die zwangsläufigen Enttäuschungen aufzuzeigen, wenn sich Menschen nach allen Regeln der Gesellschaft mit geschöntem Schein umgeben, gelingt dem Autor Diaz nur im Ansatz. Um dem bekannten Aspekt, daß sich hinter der Geilheit des ersten Augenblicks ein Mensch mit Schwächen verbirgt, neue Erkenntnisse zu entlocken, hätte es mehr gebraucht, als mäßig sex-witzige Dialoge.

Wener Hinzpeter

Theater in der Basilika, täglich außer montags, 20 Uhr, bis 30. September, Karten: 3904611