Durchsuchung bei VW

■ Staatsanwälte suchen nach Belegen für Industriespionage / Rote Zahlen bei VW: López soll helfen

Berlin/Wolfsburg (taz/dpa) – Etwa 20 Staatsanwälte aus Darmstadt rückten gestern, mit einem richterlichen Durchsuchungsbefehl ausgestattet, in Wolfsburg an. In acht VW-Geschäftsräumen und Privatwohnungen suchten sie nach Unterlagen oder Computerprogrammen, die der ehemalige General-Motors-Manager José Ignacio López bei seinem Wechsel zu Volkswagen womöglich mitgenommen hat. Die Ermittlungen laufen offiziell wegen unlauteren Wettbewerbs, gemeint ist Industriespionage. Bei Redaktionsschluß dauerte die Durchsuchung noch an.

Bei der deutschen General-Motors-Tochter Opel geht man davon aus, daß die Ermittlungsbehörden nicht ohne Grund die VW-Räume durchsucht haben. Der VW-Aufsichtsrat hatte kürzlich indirekt zugegeben, daß Unterlagen von General Motors mitgenommen wurden, betonte aber, daß alle Unterlagen vernichtet worden seien.

Der Darmstädter Staatsanwalt Georg Balz erklärte dagegen gegenüber der taz, daß eine Durchsuchung – neben der Vernehmung von Beschuldigten und Zeugen – eine ganz normale Ermittlungsmöglichkeit sei. Die bisherigen Ermittlungen hätten einfach noch kein klares Ergebnis erbracht. Einen konkreten Anlaß oder einen zusätzlichen Verdacht, die zu der Durchsuchungsaktion geführt hätten, gebe es nicht. „Man soll das nicht so hoch hängen“, sagte Balz.

Laut Volkswagen-Sprecher Hans-Peter Blechinger begrüßt man bei VW den Fortschritt der Untersuchungen. Alle Mitarbeiter seien angewiesen worden, „offen und konstruktiv mit den Staatsanwälten zusammenzuarbeiten“. Von der Durchsuchung erwarte VW „die vollständige und kurzfristige Klärung aller Vorwürfe, damit wir uns endlich wieder den eigentlichen Aufgaben zuwenden können“.

Gestern wurde in Wolfsburg die Bilanz des Konzerns für das erste Halbjahr 1993 vorgelegt. Demnach fuhr Volkswagen einen Verlust von 1,6 Milliarden Mark ein. Der Absatz schrumpfte weltweit um 17,7 Prozent. Aber im weiteren Verlauf des Jahres will VW „die Wende schaffen“. Die Zahlen der letzten drei Monate seien schon wesentlich günstiger gewesen, und das sei vor allem dem energischen Durchgreifen López' zu verdanken. lieb