Heftige Kritik an Hessens Regierung und Polizei

■ Von Grünen bis FDP-Chef alle über Tatenlosigkeit entsetzt

Frankfurt/Main (taz) – Seit der Heß- Demonstration der Rechtsextremisten am vergangenen Sonnabend in Fulda stehen das hessische Innenministerium und die Polizeiführung in Hessen im Zentrum der Kritik. Sowohl die Grünen im hessischen Landtag als auch SPD und CDU in Fulda äußerten übereinstimmend ihr „Entsetzen“ darüber, daß die rund 500 Alt- und Neonazis von der Polizei unbehelligt durch die Barockstadt marschieren konnten. Die Arbeitsgemeinschaft Kritischer Polizisten forderte gestern strafrechtliche Konsequenzen: Die Einsatzleiter vor Ort, so der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft, Manfred Such, im Hessischen Rundfunk, müßten wegen „Strafvereitelung im Amt“ zur Rechenschaft gezogen werden. Auch der FDP-Bundesvorsitzende und Bundesaußenminister Klaus Kinkel nannten die Vorgänge in Fulda „ausgesprochen besorgniserregend“. Der Aufmarsch hätte von der Polizei verhindert werden müssen. Auch CDU-Generalsekretär Peter Hintze nutzte die Gunst des Ortes und warf Hessens Ministerpräsident Hans Eichel schwere Fehler vor. Eichels „Laissez-faire-Politik“ habe zu dem „gespenstischen rechtsradikalen Aufmarsch“ geführt. Die SPD habe vor „den rechtsradikalen Umtrieben versagt“.

Auf einer Pressekonferenz in Wiesbaden verteidigte der Staatssekretär im hessischen Innenministerium, Christoph Kulenkampff (SPD), dagegen die Untätigkeit der Polizei. Mit Erfolg hätten die Beamten ein Aufeinandertreffen linker und rechter Gruppen in Fulda verhindert. Die Durchsetzung eines Verbotes der Demonstration sei nicht möglich gewesen, weil das zu schweren Auseinandersetzungen in der mit Touristen überfüllten Domstadt geführt hätte, sagte Kulenkampff. Unterdessen wurde in Wiesbaden bekannt, daß die hessische Polizei offenbar später als etwa die JournalistInnen erfahren hat, daß sich die Rechtsradikalen auf dem Weg nach Fulda befanden. Grenzschutzeinheiten aus Kasernen in Fulda wurden nicht eingesetzt, von anderen Bundesländern angebotene Einsatzkräfte zu spät geordert – und der Einsatzleiter war zum entscheidenden Zeitpunkt mit dem Hubschrauber „verschollen“. kpk Seite 4