Die denken wohl, wir wurschteln nur

■ „Unter jedem Dach ein Ach“, 2. Staffel, Folge 2: Das „belladonna“ wird seine Frauenkulturarbeit einschränken

Unbezahlte Arbeit kommt für die Mitarbeiterinnen von „belladonna“ nicht in Frage - auch in Zukunft nicht. „Sowas können wir nicht vertreten, zumal in unserem Archiv dokumentiert wird, wieviel unbezahlte Arbeit Frauen auf der ganzen Welt leisten“, heißt es in der Sonnenstraße.

Die Donnas wollen die öffentliche Haushaltsmark nicht per Ehrenamt und Idealismus verdoppeln - Professionalität soll statt dessen ihr Gütesiegel sein. Aber wie wird die Zukunft aussehen, wenn die Kulturförderung während der nächsten drei Jahre zwar zwei Stellen sichert, drei andere jedoch ganz wegfallen?

Ein Szenario im August 1994: Seit Ende Juli 1994 stapeln sich Bücherkisten im Treppenaufgang des belladonna-Hauses. Schenkungen, die dem Frauenarchiv von Hochschuldozentinnen und vom Staatsarchiv übergeben wurden, bleiben unbearbeitet liegen. Die zwei Mitarbeiterinnen bei belladonna können Sonderposten nicht mehr schaffen.

Besucherinnen des Archivs, zumeist Diplomandinnen, Forscherinnen oder Journalistinnen, stehen an vier von fünf Tagen vor verschlossenen Türen. Wer in den wenigen Öffnungsstunden Einlaß findet, hat keinen Anspruch auf einen Platz zum Schreiben: Die Arbeitsplätze von früher sind Regalen gewichen, weil die Archivfläche verkleinert werden mußte. Das Videoarchiv ist bis auf weiteres geschlossen, die Frauenbildung zum Schrumpfprogramm verkommen: Sechs statt bisher fünfzig Veranstaltungen sind im Jahr geplant.

So oder so ähnlich könnte die Zukunft für das Frauenkultur- Projekt belladonna tatsächlich aussehen, falls ab August kommenden Jahres nur noch zwei Frauen dort arbeiten. Aber noch wollen die Mitarbeiterinnen daran nicht denken. Sie arbeiten statt dessen nach der Maßgabe: „Was ist realistisch, was zu erkämpfen?“

Unter „zu erkämpfen“ verzeichnet ihr Katalog: Drei zusätzliche Stellen, finanziert aus den Ressorts „Wirtschaft“ und „Arbeit und Frauen“. Schließlich stelle Belladonna Umschulungs- und Ausbildungsmöglichkeiten für Frauen zur Verfügung, viele davon als Förderung für Berufsrückkehrerinnen.

Die realistischen Perspektiven wird ein internes „Planspiel Zunkunft“ erst im Herbst ergeben. Bis dahin versucht das Team, sich nicht demoralisieren zu lassen. Schon jetzt ist klar: „belladonna wird nicht sterben“ - einzelne Arbeitsbereiche wohl.

Das Archiv zum Beispiel wird Blätter lassen müssen. „Unser arbeitsintensivster Bereich wird nicht gefördert - obwohl die Nachfrage steigt und selbst das Staatsarchiv dem Frauenarchiv seinen Wert bescheinigt.“ Daß die Kulturbehörde nicht einmal den Eingang eines Antrags auf Förderung bestätigt hat, ärgert die Frauen: „Die denken wohl, hier wurschteln Frauen nur ein bißchen im Archiv.“

Derweil widmen die Mitarbeiterinnen sich der Werbung neuer Mitfrauen. Deren regelmäßiger Obolus wird besonderen Vorhaben gewidmet: Ausstellungen, Vorträgen, Veröffentlichungen. Denn all das wird ohne eigene Mittel schwer zu verwirklichen sein. Sagen die Donnas und ärgern sich über „einmalige Symposien und andere Großveranstaltungen“, die im Verhältnis besser bezuschußt werden als die alltägliche Basisarbeit. ede