Stasi-Akten: Urlauber Kohl achtet Recht und Gesetz

■ Scharping bleibt bei Schindluder-Vorwurf

Bonn (taz) – Der Streit um den Umgang mit Geheimdienstinformationen über mutmaßliche Stasi-Spione in Westdeutschland spitzt sich zu. Nachdem auch SPD-Chef Rudolf Scharping der Regierung den Mißbrauch von Stasi-Akten vorgeworfen hatte, reagierte Bundeskanzler Helmut Kohl aus dem Urlaub mit einer Zurückweisung: Bei der Aufarbeitung von Stasi-Unterlagen werde „ausschließlich nach Recht und Gesetz“ verfahren. Für ihn sei „selbstverständlich, daß mit diesen Unterlagen keine parteipolitischen Geschäfte gemacht werden“.

SPD-Bundesgeschäftsführer Karlheinz Blessing kommentierte Kohls Erklärung mit den Worten, dies widerlege noch nicht den Verdacht des Mißbrauchs von Geheimdienstakten. Wie berichtet, vermutet die SPD, daß aus dem Kanzleramt Informationen über vermeintliche Spione im SPD-Umfeld an die dem Kanzleramt nahestehenden Blätter Bild und Focus weitergegeben wurden. Scharping sagte der Süddeutschen Zeitung, die Regierung betreibe „erkennbar parteipolitischen Schindluder“ mit Stasi-Akten. Dabei nehme die Regierung „keine Rücksicht auf den Ruf von Leuten“ und nehme die „Vernichtung von Ansehen und bürgerlicher Existenz in Kauf“.

Sowohl Scharping als auch der FDP- Abgeordnete Burkhard Hirsch forderten, die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) des Bundestages über die Quellen der Ermittlungswelle gegen Stasi- Zuträger in Westdeutschland zu informieren. Bisher lehnt es die Bundesregierung ab, diese Quellen offenzulegen. hmt

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