Bleiberecht für mißhandelte Türkin?

Heute wird in Nordrhein-Westfalen über die Abschiebung einer jungen Türkin entschieden, die vor ihrem gewalttätigen Ehemann ins Düsseldorfer Frauenhaus geflüchtet ist.  ■ Von Sabine am Orde.

Berlin (taz) – Das Schicksal der Türkin Canan K., die vor den Mißhandlungen ihres Ehemannes ins Düsseldorfer Frauenhaus geflohen ist und der deshalb die Abschiebung droht, ist weiterhin offen. Die Neusser Ausländerbehörde hatte am 31. Juli die Ausweisung verfügt, weil Canan K. nicht die mindestens erforderlichen drei Jahren in ehelicher Gemeinschaft gelebt hat. Erst dann kann sie nach dem Ausländergesetz (§ 19) ein von ihrem türkischen Mann unabhängiges Aufenthaltsrecht erhalten.

Heute läuft die Frist ihrer Ausreiseverfügung ab. Deshalb wird das nordrhein-westfälische Innenmisterium heute gemeinsam mit der zuständigen Ausländerbehörde des Kreises Neuss endgültig über die Ausweisung entscheiden. „Alle Beteiligten sind fest entschlossen, der Frau zu helfen“, sagte Johannes Winkel, Sprecher des Innenministeriums.

Die zuständigen Gerichte in Düsseldorf und Münster hatten allerdings entschieden, ein Härtefall liege nicht vor. Das sieht die Düsseldorfer Frauenministerin, Ilse Ridder-Melchers (SPD), ganz anders: Sie fordert das Bleiberecht für die junge Türkin, weil es sich nicht um eine „willkürliche Aufgabe der ehelichen Gemeinschaft, sondern um die erzwungene Flucht vor Mißhandlungen durch den Ehemann“ handele.

Canan K. war von ihrem Vater zu der Ehe gezwungen worden. Bereits im Februar 1991 war sie zum ersten Mal ins Frauenhaus geflohen. Sie hatte als Folge von schweren Mißhandlungen durch den Ehemann zwei Fehlgeburten. Trotzdem mache die Familie in der Türkei sie für das Scheitern der Ehe verantwortlich. Bei einer Rückkehr in die Türkei drohen Vater und Bruder „mit Bestrafungen bis hin zum Mord“, so Ridder- Melchers. Auch die Grünen und amnesty international haben sich für Canan K. eingesetzt.

Das Schicksal Canan Ks. ist kein Einzelfall. Es zeige, so Ridder- Melchers, den „zwingenden Handlungsbedarf“ der Bundesregierung. Das derzeitige Ausländerrecht gebe dem Ehemann „ein unzulässiges Machtmittel“. Es zwinge viele Frauen auch im Fall von Mißhandlungen aus Angst vor Ausweisungen, in der Ehe zu verharren. Deshalb fordert die SPD-Politikerin die ersatzlose Streichung des § 19 des Ausländergesetzes. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen hat sie auf der Frauministerinnen Konferenz der Länder Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) aufgefordert, diese Regelung zu überprüfen. Doch von dem CDU-Rechtsaußen ist nichts Gutes zu erwarten. Die Berücksichtigung von Gründen, die zum Scheitern der Ehen führe, überfordere die Ausländerbehörden und verstärke das Eingehen von Scheinehen, heißt es im Antwortschreiben.