Hitler muß vom Sockel

■ betr.: "Wolf lobt Hitlers Marketing" (Ein Spitzenpolitiker der hessischen Reps lehrt unbehelligt in Dortmund), taz vom 5.8.93

betr.: „Wolf lobt Hitlers Marketing“ (Ein Spitzenpolitiker der hessischen Reps lehrt unbehelligt in Dortmund), taz vom 5.8.93

Wie wollen wir jemals die Nazi- Vergangenheit aufarbeiten und bewältigen, wenn jede Annäherung an die Mechanismen der Macht tabuisiert wird?

Wenn jemand bei den Reps eine hohe Funktion innehat, kann man wohl getrost eine gewisse Nähe zu nationalsozialistischem und faschistischem Gedankengut unterstellen. So mag die Personalpolitik ein Skandal sein, die zitierte Äußerung über das raffinierte Marketing beim Volkswagen ist es nicht. Es ist (in der wiedergegebenen Form) erstmal ein Beitrag zur Darstellung Hitlers als raffinierten Verkäufer und – vermutlich gegen den Willen des Herrn Klyscz – zu seiner Entmystifizierung. Und genau das tut not! Hitler muß vom Sockel, um ihn zu entmachten. Er ist nicht der mächtige Gegenpol zur Menschheit, sondern ein Teil von ihr.

Erst wenn wir sein Wirken und das des ganzen NS-Staates – in seine Einzelheiten zerlegen, bleibt der skrupellose Idiot übrig, der keine Macht mehr hat, unser heutiges politisches Leben zu vergiften. Der taz-Artikel war kein Beitrag zur Vergangenheitsbewältigung, sondern ein aus irrationaler Angst geborener Versuch der Dämonenvertreibung. Und wo treibt man den Dämon hin? In die Seelen der Verunsicherten und Haltsuchenden! Das allerdings hatten wir schon mal. Ludwig Sasse, Bremen