Auch SPD-ler unter Spionageverdacht

■ Struck: Keine hochkarätigen Fälle / Akten-Quelle ungeklärt

Hamburg (dpa) – Die Bundesanwaltschaft will nach Auswertung neuer Stasi-Akten aus den Tresoren des sowjetischen Geheimdienstes jetzt auch Spionageverfahren gegen SPD-Politiker einleiten. Im Verdacht steht nach Angaben der Zeitung Bild am Sonntag unter anderem der ehemalige Parlamentarische Geschäftsführer der SPD- Bundestagsfraktion, Karl Wienand. Erst am Freitag war aufgrund der gleichen Quellen aus Moskau die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens gegen den Berliner FDP-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Lüder bekannt geworden.

Wienand wies inzwischen den Verdacht einer Zusammenarbeit mit der Stasi entschieden zurück. „Diese ganzen Vorwürfe sind blanker Unsinn.“ Noch im Juli hätten ihm die Bundesanwaltschaft und der Staatsminister im Kanzleramt, Bernd Schmidbauer, schriftlich erklärt, daß gegen ihn nichts vorliege und nicht ermittelt werde.

Nach Angaben des Parlamentarischen Geschäftsführers der SPD- Bundestagsfraktion, Struck, sind unter den mutmaßlichen Spionen keine hochrangigen SPD-Vertreter. Die Namen „bewegen sich in einer Größenordnung, die ich für undramatisch halte, und sie sind auch nicht von einer hochrangigen Qualität“, sagte Struck im Deutschlandfunk. Struck äußerte die Vermutung, daß die Akten gar nicht vom sowjetischen Geheimdienst stammten, sondern im Bundesamt für Verfassungsschutz entstanden seien.

Der Bundesbeauftragte für Stasi-Akten, Joachim Gauck, hatte sich Freitag abend in der ARD verwundert darüber geäußert, daß die genannten Akten nicht seiner Behörde zugeordnet wurden. Das Stasi-Unterlagengesetz schreibe vor, daß solche Unterlagen – auch Kopien und Abschriften – in seine Behörde kommen.