„Die Marke Österreich profilieren“

Interview mit Michael Krainer, Direktor der Österreich Werbung in Berlin. Die touristischen Märkte sind aufgeteilt. Bei Angebot und Klientel zählt nun die Vielfalt, die Diversifizierung  ■ Von Edith Kresta

taz: Wann hat die Österreich Werbung die Ökologie entdeckt?

Krainer: Die Umweltsensibilität der Österreicher hat sich schon sehr früh gezeigt. Die Habsburger waren Vordenker, vor allem aber Erzherzog Johann, der in bezug auf Umweltschutz schon im 19. Jahrhundert sehr viel geleistet hat. Die Österreich Werbung hat, was Umweltschutz anbelangt, in den letzten zehn Jahren begleitende Maßnahmen getroffen. Vor vier Jahren wurde ein Umweltreferat eingerichtet. Dieses beschäftigt sich mit der Zusammenfassung der Umweltaktivitäten, mit der Erarbeitung von Tourismuskonzepten, was man als umweltfreundliche Ideen in den Tourismus einbringen kann, und mit Seminaren zum Thema Umwelt. Ein Haupthema der letzten fünf bis sechs Jahre ist die Saisonentzerrung, die Belebung der Vor- und Nachsaison.

Noch vor wenigen Jahren standen im Mittelpunkt der Österreich Werbung aggressive Sportarten wie River-Rafting oder Paragliding. Sind diese nun dem Thema Umwelt gewichen?

Wir haben zu Beginn der achtziger Jahre versucht, die Entwicklung des Sommertourismus zu fördern. Die Wintersaison lief immer gut. Was den Sommertourismus anbelangt, haben wir Anfang der achtziger Jahre Einbrüche zu verzeichnen gehabt. Die jüngere Generation blieb weg. Und wir haben festgestellt, daß Österreich als Paradetourismusland ein anderes touristisches Image im Ausland benötigt. Deshalb haben wir damals begonnen, in unserer Bewerbung Aktivsportarten wie das River-Raften, Paragliding, Drachenfliegen, das Freiklettern und so weiter zu betonen. Um einfach aggressiver, jünger, dynamischer auftreten zu können. Dies stellt eine Imagekorrektur dar: weg von traditionell, älter, statisch hin zu dynamisch, modern, aggressiv und kreativ. Immerhin kommen inzwischen 12 Prozent der Touristen wegen des Sportangebots nach Österreich. Natürlich heißt dies auch, daß das touristische Angebot dadurch insgesamt vielfältiger und bunter wurde. Doch die junggeblieben ältere Generation bleibt für uns nach wie vor eine wichtige Zielgruppe.

Passen Sportarten wie Mountainbiking zur Umweltsensibilität?

Es kommt immer darauf an. Mountainbiker gibt es ja nicht in Massen. Wir sagen auch, es geht uns darum, nur Forstwege zu befahren. Wir haben sehr strenge Verhaltensanweisungen, die an den Mountainbike-Leihstellen auf Merkblättern ausgegeben werden, das heißt, nicht fernab der Wiesen, nicht fernab der dafür ausgerichteten Wege zu fahren.

Welche Klientel sprechen Sie mit dem Dorfurlaub an?

Dorfurlaub hat mehrere Gründe. Warum wir den Dorfurlaub so hervorstreichen, ist auch eine Frage des Images. Wir haben uns gesagt, im Tourismus geht es um einen vernünftigen Ausgleich, um das Vermeiden von Spannungsfeldern zwischen Touristen und Bereisten. Man muß versuchen, dort,wo Massierungen auftreten, diese zu vermeiden. Neben den zeitlichen Massierungen gibt es auch räumliche. Und zur räumlichen Entzerrungsstrategie gehört der Dorfurlaub. Dazu kommt der Umweltaspekt. Wir wollen verschiedenen Regionen eine Selbstbeschränkung auferlegen, zu vorgegebenen Mindestkriterien.

Wie ist die Struktur der Österrich Werbung?

Wir sind ein Verein, dem die Bundeswirtschaftskammer, vergleichbar mit der deutschen Industrie- und Handelskammer IHK, der Bund durch das Bundeswirtschaftsministerium und die neun Bundesländer angehören. Sechzig Prozent des Etats stammen vom Bund, zwanzig Prozent von den Ländern und zwanzig Prozent von der Bundeswirtschaftskammer. Als Exekutivorgan gibt es die Generalversammlung, dann die Geschäftsführung, die Hauptgeschäftsstelle in Wien und dann 25 Außenstellen weltweit.

Wie groß ist die regionale Unabhängigkeit der Bundesländer?

Die Österreich Werbung kann ja keinem Bundesland vorschreiben, wie das Bundesland werben soll. Die Vielfalt des Angebots kommt auch in der Kooperation zum Ausdruck. Wir wollen Österreich als Marke profilieren. Weg von der Quantität, wir sagen Qualität. Wir wollen ein Spezialitätengeschäft in der internationalen Gemischtwarenhandlung sein. Dieses Spezialitätengeschäft zeigt sich in Form der Bundesländer. Es ist selbstverständlich, daß das Burgenland andere Strategien aufweist als Tirol. Auch die touristischen Strukturen innerhalb der Bundesländer sind unterschiedlich. Qualität vor Quantität, der ganzjährige Tourismus sowie Umwelt- und Sozialverträglichkeit sind die Leitsätze der Österreich Werbung.

Haben Sie unterschiedliche Werbestrategien in den USA und Deutschland?

Auf den Überseemärkten ist die Strategie natürlich anders als in Europa. Dort wird Österreich stärker mit Musik und Tradition verbunden; River-Rafting ist dort keine Strategie. Als dritte Gruppe gibt es die sogenannten Hoffnungsmärkte. Dazu gehören der ehemalige Ostblock, die Dritte Welt, Teile Asiens, dort sind die Bedürfnisse wieder anders. Wir wollen in diesen Ländern auch präsent sein, weil es für uns wahnsinnig wichtig ist, einen vernünftigen Nationenmix herzustellen. Wenn ein Tourismusland über einen vernünftigen Nationenmix verfügt, ist es gegen wirtschaftliche Rezession eher gefeit. Deshalb versuchen wir, unsere Märkte möglichst breit zu streuen.

Heißt Qualifizierung nach innen auch Luxustourismus?

Prinzipiell heißt für uns Qualität auch ein vernünftiges Preis-Leistungs-Verhältnis. Das heißt nicht automatisch Fünf-Sterne-Hotels, denn Qualität ist auch in einer Ferienwohnung gegeben. Qualität ist auch ein Frage der Infrastruktur und der Vielfalt. In Österreich gibt es bei weitem mehr mittelständische Betriebe als Hotelkonzerne. Und die Marktforschung zeigt ja auch, daß es nicht unbedingt in Richtung Freizeitparks geht, sondern in Richtung der mittelständischen, preisvernünftigen Struktur.

Freizeitforscher wie Opaschowski sehen aber gerade in Ferienzentren eine ökologische Alternative für unsere gebeutelte Umwelt.

Im Gegenteil, ich sehe darin keine Zukunftsperspektive. Und schon gar nicht für Österreich. Amüsementparks halte ich für eine mittelfristige Strategie, und die ist auf die Dauer gesehen Dummheit. In den neuen Bundesländern tendiert man auch dazu. Aber die Konzentration ist passé. Die Wirtschaft wird mit diesem beinharten Gesetz der Gewinnschöpfung den Bedürfnissen der Menschen in keiner Weise gerecht.

Haben Sie in Österreich touristische Trends über das Instrument Marketing nachhaltig gesetzt?

Ganz bestimmt. Das Marketing ist als Instrument insgesamt wichtiger geworden. Denn jetzt geht es um Nischenpolitik, der Konkurrenzkampf ist größer geworden, der internationale Kuchen ist verteilt.