Pg Kiesinger oder Opportunismus statt Überzeugung

Er habe erst sehr spät gemerkt, daß mit den Juden „etwas Häßliches geschah“, erklärt Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger. Er tritt in Bonn als Zeuge der Verteidigung in einem Prozeß gegen den NS-Kriegsverbrecher Fritz Gebhard von Hahn auf, der wegen Beteiligung an dem Mord von mehr als 30.000 bulgarischen und griechischen Juden angeklagt ist. Die Verteidigung Hahns will mit Kiesingers Unterstützung nachweisen, daß ihr Mandant nicht gewußt hatte, daß die Juden, die er ins KZ abtransportieren ließ, dort systematisch ermordet wurden.

Der CDU-Bundesvorsitzende Kiesinger diente dem NS-Regime als stellvertretender Leiter der Abteilung des Außenministeriums, die ausländische Radiosendungen überwachte. Danach befragt, ob er Mitglied der NSDAP gewesen sei, räumte er ein, daß er 1933 in die Partei eingetreten sei – „aber nicht aus Überzeugung, sondern aus Opportunismus“.