Voscherau will die absolute Mehrheit

■ Weiter-so!-Wahlkampf soll Alleinregierung sichern / Machtkampf hinter den Kulissen / Botschaft an taz-Leser und GALier

soll Alleinregierung sichern / Machtkampf hinter den Kulissen / Botschaft an taz-Leser und GALier

„Wenn man zweimal hintereinander 6 Richtige im Lotto bekommen kann, dann will ich sie bekommen!“ Genau 15 Uhr 16 zeigte die Bahnhofsuhr gestern im angestaubten Sitzungssaal der Hamburger SPD-Zentrale, als Wahlhochspringer Henning Voscherau seine Wahllatte ein gewaltiges Stück nach oben hievte. Wahlziel ist jetzt die erneute absolute Mehrheit.

Voscherau: „Die Stimmung in der Stadt, in der SPD und den Gewerkschaften ist sehr viel besser, als ich gedacht habe.“ Die Infas- Umfrage, die der SPD derzeit 42, der CDU 32, der GAL 13, Reps und FDP je 5 Prozent gibt, sei „eine gute Ausgangsbasis, um in den 40ern sehr weit nach oben zu kommen.“ Die politischen Leistungen seiner Partei verlangten nach mehr: „Wir haben mehr als 50 Prozent Leistung vorzuzeigen.“ Das Wahlkampfmotto für Phase eins heißt denn auch: „Versprochen und gehalten“ bei Umwelt, Arbeitsplätzen, Wohnungen und Kinderbetreuungsplätzen.

Phase zwei im Sommer soll die „Daheimgebliebenen treffen“ mit „Buntem, Schönem und Heimat“. Dabei gibt es auch Demokratie- Nachhilfe. Voscherau: „Demokratie, das heißt Einbrocken und Auslöffeln.“ Voscherau als Markklößchen in der Sozi-Suppe? Jawoll. Jeder bekommt, was er wählt. Voscherau: „Die Wähler sollen sich nicht selbst ins Knie schießen. Nach der Wahl, soll keiner kommen und sich bei mir beschweren.“

Neue politische Ziele hat Voscherau nicht anzubieten. Warum auch: „Ich stehe für einen klaren Kurs. Für Sicherheit und Kompetenz in einer aufgeregten Stadt.“ Weiter so! lautet die Devise, die in der Endphase drei den Wählern eingehämmert werden soll. Sportverbände, Bischöfin, katholische Kirche und Medien sollen der SPD helfen, indem sie die Rechtsradikalen unter 5 Prozent halten und die Wahlbeteiligung steigern.

Ob es bei diesem Feldzug auch helfe, wenn sein Wandsbeker Parteigenosse Paul Busse die ÖTV auffordert, dem ÖTV-Chef Rolf Fritsch „das Maul zu stopfen“, weil er von Rot-Grün rede? wollte die taz wissen. Voscherau: „Nein. Ich bin gegen solche Briefe.“ Aber: „Rot-Grün steht nicht auf dem Stimmzettel. Da frage ich meinen Parteifreund Fritsch, was er denn nun empfiehlt. Rot oder Grün?“ Voscherau hatte nicht nur Fragen, sondern auch Botschaften. Eine lag ihm besonders am Herzen und, so sagte er, zur taz gewandt: „Das möchte ich morgen in der taz lesen!“ Des Bürgermeisters Wunsch ist uns Befehl. Die Nachricht „für alle taz-Leser und GAL-Anhänger“: „26 Prozent der GAL-Anhänger be-

1zeichnen sich als wohnungssuchend. Eben diese GAL aber torpediert jedes große Wohnprojekt. Nur die SPD baut Wohnungen für diese GAL-Anhänger.“

Während Wahlkämpfer Voscherau offenkundig schon zu großer Wahlkampfform aufgelaufen ist, kämpfen hinter den Kulissen einige

1hundert SozialdemokratInnen um ihre berufliche Zukunft. Am 20. Juni beschließt der Vorstand seine Kandidatenliste, am 27.Juni segnet ein Parteitag alles ab. Dabei hat die eigentümliche neue Machtkoalition der SPD, die Vereinigung der Wandsbek-Connection mit dem straff organisierten Linksblock aus

1Nord eine Bewährungsprobe zu bestehen. Das Rechts-Links-Lager gibt sich siegesgewiß: Der Bezirk Mitte folgt Wandsbek, Altona knickt ein, wie immer — der Rest ist egal. Der gemeinsame Feind dieser Koalition hat auch einen Namen: Der Einbruch der Grünen in rote Pfründe. FlorianMarten