Vier Brandanschläge in einer Nacht

■ Wohnhäuser und türkische Lokale angezündet / Feuer wurden frühzeitig entdeckt / 15 Verletzte

Frankfurt (AP/dpa) – Elf Tage nach den Morden von Solingen hat die Serie ausländerfeindlicher Gewalttaten einen neuen Höhepunkt erreicht. Bei vier Brandanschlägen gegen von ausländischen Familien bewohnte Häuser und türkische Lokale in Frankfurt, Hamburg, Wülfrath und im badischen Oberhausen- Rheinhausen wurden am Dienstag mindestens 15 Menschen verletzt. Seit Pfingstsamstag hat es damit mindestens zehn solcher Anschläge gegeben. Die Polizei in Frankfurt riet Ausländern, Haustüren und Fenster geschlossen zu halten.

Aus Protest gegen die Serie von Anschlägen wollen am Freitag in ganz Berlin die Inhaber türkischer Läden und Restaurants ihre Türen für eine Stunde geschlossen halten. Auch Bundeskanzler Kohl will reagieren: am kommenden Mittwoch mit einer Regierungserklärung zu Gewalt und Fremdenfeindlichkeit.

Beim schwersten Zwischenfall in Wülfrath bei Düsseldorf mußten in der Nacht 14 Bewohner eines von türkischen Familien bewohnten Hauses mit Verdacht auf Rauchvergiftungen ins Krankenhaus eingeliefert werden. Das Feuer in dem Sechsfamilienhaus war kurz vor 03 Uhr von einer türkischen Familie bemerkt und von der sofort alarmierten Feuerwehr gelöscht worden.

Die ersten Ermittlungen vor Ort ergaben, daß die Täter zwei Benzinkanister an die beiden Wohnungstüren im Erdgeschoß des Hauses gestellt und angezündet hatten. Während die Polizei alarmiert wurde, warfen den Angaben zufolge Unbekannte noch eine Fensterscheibe auf der rückwärtigen Seite des Hauses ein.

Auch im Frankfurter Gallusviertel wurde nach Mitternacht im Treppenhaus eines ebenfalls überwiegend von türkischen Familien bewohnten Gebäudes Feuer gelegt. Die Täter gossen nach Polizeiangaben etwa zwei Liter Terpentin auf eine Holztreppe, zündeten es an und ergriffen die Flucht. Die Bewohner des fünfstöckigen Hauses konnten den Brand rechtzeitig entdecken und noch vor Eintreffen der Feuerwehr löschen. Bereits am Vortag hatte es im Keller des Hauses gebrannt. Dabei war ein Sachschaden von rund 20.000 Mark entstanden. Die Polizei fahndet in diesem Zusammenhang nach zwei mutmaßlichen Skinheads, die in der Nacht zum Montag in der Nähe des Hauses in einem grünen Mercedes mit Schiebedach gesehen worden waren.

Eine türkisch-deutsche Gastwirtsfamilie in Oberhausen-Rheinhausen bei Speyer verdankt ihr Leben wahrscheinlich einem Paar, das am frühen Morgen um 02.35 Uhr zufällig an ihrem Haus vorbeikam. Kurz zuvor hatten unbekannte Täter mit vier Brandsätzen Feuer gelegt. Die beiden Passanten klingelten den türkischen Gastwirt, seine deutsche Frau und die neunjährige Tochter wach.

Unklar ist der Hintergrund einer Brandstiftung im Keller eines türkischen Lokals im Hamburger Stadtteil Schnelsen. Mit mehreren Brandsätzen war ein Feuer entfacht worden, das sich jedoch nicht weiter ausbreitete. Berichte Seite 4, Kommentare Seite 10