Überflüssige Forschung?

■ SPD-Hochschulexperten stellen Großprojekte infrage / Diskurs gefordert

stellen Großprojekte infrage / Diskurs gefordert

Nach der Evaluation der Lehre nun die Evalutation der Forschung. Auf diese Kurzformel könnte man die Vorschläge bringen, die Stephan Albrecht und Dorothee Stapelfeld vom Arbeitskreis Hochschule der Hamburger SPD gestern der Öffentlichkeit vorstellten.

Die Ausganglage für die kommenden Jahre sei bekannt. So müßte die Zahl der Studienplätze bundesweit und auch in Hamburg ausgebaut werden. Gleichzeitig seien die materiellen Ressourcen begrenzt. Albrecht: „Dieser Widerspruch wird eher zu- als abnehmen“. Deshalb müßten die Hochschulen Prioritäten setzen und entscheiden, was für sie wichtig ist.

Doch während die Mängel in der Lehre inzwischen öffentliche Aufmerksamkeit erzielten, entziehe sich die Forschung der öffentlichen Debatte. Stapelfeld: „Da wurden teilweise Sachen angefangen, die so nicht fortgesetzt werden können“. So seien 20 Millionen Mark für die Errichtung eines Zentrums für Mikrostrukturforschung an der Juniusstraße veranschlagt, obwohl nicht geklärt ist, ob nicht bereits die Physiker der TU-Harburg der Mikrostruktur auf der Spur sind.

Auch der 120-Millionen-Neubau des Zentrums für Marine und Athmosphärische Wissenschaften (ZMAW) sei zu überdenken. Stapelfeld: „Es ist die Frage, ob man Institute, die räumlich gut versorgt, umziehen läßt, nur um sie zusammenzufassen“. Selbst die Wissenschaftler des Zentrums für Molekulare Neurobiologie seien in ihren Interims-Räumen auf dem UKE-Gelände „super untergebracht“. Der 70 Millionen Mark teure Neubau am Falkenried sei nur bei einer Ausweitung der Kapazitäten notwenig.

Wichtiger als Raumfragen sei aber die inhaltliche Überprüfung. So gelte es einen gewissen Rechtfertigungsdruck zu erzeugen und einen Diskussionsprozeß darüber zu organisieren, was „gesellschaftlich notwendige“ Forschung ist und was vielleicht sogar „schädlich“. Albrecht: „Bislang werden 3-Millionen-Projekte nebenbei am Kaffeetisch ausgehandelt“.

Der Arbeitskreis schlägt vor, jährlich einen Wissenschaftskongreß abzuhalten, auf dem Forscher mit Umweltverbänden und anderen gesellschaftlich relevanten Gruppen streiten. An den Entscheidungsstrukturen sollte sich indes nichts ändern. Die Entscheidungsgewalt behielten Wissenschaftler, Hochschulgremien und nicht zuletzt die Bürgerschaft.

Übrigens: Auch der hochschulpolitische Sprecher der CDU, Ulrich Karpen, will in der Forschung kürzen. Seine Gift-Liste: Friedensforschung, Frauenforschung und das Interdisziplinäre Zentrum für Hochschuldidaktik. Kaija Kutter