Schmusekater-Musik

■ Reiner Bielfeld mit "Herzen mit Koffer" / Premiere im Schmidt

/ Premiere im Schmidt

„Es gibt zwei Arten von Menschen, die es einfach nicht lassen können, sich lächerlich zu machen: Playback-Travestiekünstler und mich, wenn mich ein Mann verlassen hat.“ Trotz dieses freimütigen Geständnisses singt Reiner Bielfeld in seinem Dienstag im Schmidttheater uraufgeführten Programm „Herzen mit Koffer“ nur von Liebe und Männergeschichten, die oft nicht wunschgemäß verlaufen. Doch obwohl er dabei immer wieder über sich selbst spottete, ist von Lächerlichkeit nichts zu spüren. Statt dessen zieht er die schon von seiner letzten CD „Nachtzug“ bekannten Register mit Chansons von Herzschmerz bis hin zu pointierter Bissigkeit. Ein schwuler Udo Jürgens, könnte man meinen. Aber Bielfeld ist leiser, die von Edith Jeske geschriebenen Texte sind lyrischer und immer eine Spur intelligenter als der deutsche Einheitsschlager. Dabei hat er seine Vorliebe für melancholische Lieder beibehalten, die ihn „Sieben Leben weit fort“ treiben oder Männer „Nur bei den Augen“ halten lassen.

Daß er mehr als nur singen und Klavier spielen kann, hat der Hamburger schon in der Vergangenheit gezeigt. Bei „Herzen mit Koffer“ setzt er um die Lieder herum noch andere Talente ein. In diesen Überleitungen kokettiert Bielfeld mit seinem Charme und führt dabei selbstironisch durch die Untiefen schwulen Lebens. Er bietet einen „Flamenco-Step“ und zaubert Unmengen von weißen Handschuhen aus seinem Koffer. Die braucht er für eine Kunstform, die er nach eigenem Bekunden neben Beerdigungen und Halbfettmargarine abgrundtief haßt: Pantomime. Daran ist Olaf schuld, seine als „running gag“ etwas überstrapazierte „Daueraffäre“. Der bevorzugt nämlich diese nonverbale Kommunikation.

Am meisten überzeugt der Träger des Ralph-Benatzky-Chansons- Preises, wenn er singt. Seine sanfte Stimme beherrscht verschiedenste Musikstile, und mit einer Band im Rücken sind einige der neuen Stücke hitverdächtig. Leider verschenkt Bielfeld einiges mit seinen Refrains, die nach spritzigen Strophen mehrfach wie mit angezogener Handbremse daherkommen. Es ist nur ein kleiner Schönheitsfehler. Denn das Konzept stimmt. Wer will ihm da übelnehmen, daß er trotz gegenteiliger Überzeugungsarbeit („Glaub mir, ich bin ein Raubtier“) ein musikalischer Schmusekater ist? Werner Hinzpeter

Bis Sonntag, je 20 Uhr, Schmidt-Theater. „Herzen mit Koffer“ gibt es auch auf CD