Am Ende des Redebogens

■ FU: Nach einer studentischen Vollversammlung gegen die geplante Strukturreform sprengten 600 Studenten die Sitzung des Akademischen Senats / FU-Präsident Gerlach ruft zu Protest-Demo auf

An der freien Universität formiert sich der Widerstand gegen die geplante Strukturreform. Auf einer studentischen Vollversammlung im Innenhof der Rostlaube haben am Mittwoch ungefähr 1.200 Studierende Protestaktionen gegen die radikale Verkleinerung der FU beschlossen. Aufgerufen hatten unter anderem die Koordinationsgruppe der verschiedenen Fachschaftsinis (Fako) und die Reforminitiative „Sturm für die Uni“. Im Zentrum der Kritik stand der Entwurf zum Landeshochschulstrukturplan von Wissenschaftssenator Manfred Erhardt, in dem eine Verringerung der heute nominell 39.000 FU-Studienplätze auf 29.000 binnen zwölf Jahren festgelegt werden soll. Damit würde die FU den größten Anteil der Reduzierung tragen, die Erhardt mit der im Bundesvergleich erhöhten Studienplatzdichte in Berlin rechtfertigt. In den Philologien, Geschichte und Sozialwissenschaften sind die geplanten Einschnitte mit 30 Prozent am gravierendsten.

Auf der Versammlung, auf der große Aufbruchstimmung herrschte, wurde immer wieder gefordert, Hochschulpolitik dürfe kein bloßer Vollzug der Finanzpolitik sein, die Bildungsmisere könne nicht durch weitere Kürzungen der Kapazitäten verbessert werden. Neben studentischen RednerInnen trat auch die Frauenbeauftragte der FU, Christine Färber, auf, die das fast völlige Stillschweigen zur Frauenförderung in dem Strukturplan kritisierte.

Nach Abschluß der Vollversammlung zogen 600 Studierende zum Akademischen Senat, um die Verabschiedung einer positiven Stellungnahme im Akademischen Senat zu verhindern. Während eine Woche zuvor die Mehrheit des zentralen FU-Gremiums nur eine 15-minütige Antwortrunde auf einen studentischen Fragenkatalog geduldet hatte, war nun eine fast zweistündige offene Diskussion möglich. Der Vorsitzende des konservativen „Bundes Freiheit der Wissenschaften“ (in Berlin besser unter dem alten Namen NoFu bekannt), Professor Klaus Hempfer, erntete für seine Solidarisierungsversuche bei den StudentInnen vor allem Gelächter. Mehr Erfolg hatte FU-Präsident Johann- Wilhelm Gerlach bei dem Versuch, sich als Erhardt-Gegner Sympathien zu verschaffen. So rief er zu einer gemeinsamen Demonstration zum Roten Rathaus auf.

Daß das Reden doch nichts gefruchtet hatte, wurde den meisten Anwesenden erst durch das Ergebnis der Abstimmung klar, die sie – anders als eine Woche zuvor – wegen ihrer optimistischen Erwartung durchgehen ließen. Als die alte, die Strukturreform überwiegend positiv befürwortende Vorlage doch mit 15 gegen 8 Stimmen angenommen war, wurde dann aus Empörung trotzdem noch die Sitzung gesprengt. Nun wollen die wieder aktiv gewordenen FU-StudentInnen mit weiteren Aktionen ihren Protest fortsetzen, in erster Linie gegenüber dem politischen Senat. Im Anschluß an eine Diskussionsphase an den einzelnen Fachbereichen soll am 1.Juni eine neue Vollversammlung stattfinden, die den Auftakt zu einer Aktionswoche setzen soll. Geplant sind Ringbesetzungen, ein „Spartag“ und andere Aktionen. Info- Telefon: 838-2224. Matthias Fink