Interview
: "Taugt der Vater nix, dann lieber ohne"

■ Susanne Meuthien (Berufsschullehrerin) engagiert sich bei MütterCourage, Rita Bake arbeitet bei der Landeszentrale für politische Bildung

INTERVIEW

»Taugt der Vater nix, dann lieber ohne« Susanne Meuthien (Berufsschullehrerin) engagiert sich bei MütterCourage, Rita Bake arbeitet bei der Landeszentrale für politische Bildung

taz:Ihr nennt Euch Verein für feministische Mütterpolitik. Was ist der Unterschied zwischen den feministischen und den restlichen Müttern?

Susanne Meuthien: Wir beschäftigen uns mit uns selber, nicht vorwiegend mit unseren Kindern oder Männern. Wir reden darüber, was es bedeutet, heute Kinder groß zu ziehen und was wir geändert haben möchten. Wir stellen das Kinder- Haben in einen politischen Zusammenhang, diskutieren es auch unter ökonomischen Gesichtspunkten - was Kindererziehung für ein Wirtschaftsfaktor ist, der sich nirgendwo niederschlägt oder in irgendeiner Weise honoriert wird.

taz: Es gibt ja inzwischen immer mehr Frauen, die sich über den Jammerchor der Mütter aufregen. Und die behaupten, die Frauen ließen sich doch wissentlich auf dieses Los ein.

Meuthien: Wir jammern nicht, wir sind eher kämpferisch. Wir versuchen uns für die Gesellschaftsform einzusetzen, in der wir unser Leben leben können. Und wir wollen mit Kindern leben. Nicht, weil wir alle Masochistinnen sind und uns ins Unglück stürzen wollen, sondern weil wir ein Leben mit Kindern geplant haben. Der Vorwurf, wir hätten wissen müssen, was auf uns zukommt, trifft uns nicht. Viele von uns haben Kinder bekommen, obwohl wir wußten, was auf uns zukommt. Und das Kinder-Haben hat viele von uns politisiert.

taz: Ihr wollt Euch also von dem Jammerchor abgrenzen?

Meuthien: Och, ab und zu jammern wir auch schon mal. Wir haben aber nicht das Bedürfnis, uns gegen irgendjemand abzugrenzen.

taz: Mütter, Lesben, Frauen ohne Kinder - geht das denn nach Eurem Eindruck in der Frauenbewegung zusammen?

Rita Bake: Das muß gehen. Ich finde diese Abspaltungen völlig pervers, die bringt uns überhaupt nicht weiter.

taz: Aber sie existiert.

Bake: Ja, es gibt sie. Aber sie ist emotional und rational nicht haltbar.

taz: Das Thema alleinerziehende Mütter spielt ja heute eine wichtige Rolle. Wollen Frauen heute nichts mehr von ihrer Erziehungsmacht an die Männer abgeben, weil sie es sowieso besser können?

Bake: Das hat oft weniger mit der Erziehungsfrage zu tun, als damit, daß man diesen Mann nicht mehr als Partner haben will.

taz: Darf man denn dem Kind den Erzeuger vorenthalten?

Bake: Ja, ich denke, das kann man, weil bei ihm die einzige Beziehung zum Kind häufig nur aus den zehn Minuten Lust bei der Produktion besteht.

taz: Gefährliche These. Vielleicht will er trotzdem was von seinem Kind. Aus der Sicht des Kindes kann es auch problematisch sein, ihm den Erzeuger vorzuenthalten.

Meuthien: Für mich stellt sich das anders dar. Mütter enthalten den Kindern doch nicht die Väter vor, sondern die Väter sind häufig schlicht keine Väter. Denen reichen doch oft die zehn Minuten für den Gute-Nacht-Kuß.

taz: Aber macht man es den Männern mit solchen Thesen nicht noch leichter, sich ganz rauszuziehen?

1Meuthien: Natürlich können wir nicht einen allgemeingültigen Lebensentwurf für alle Frauen aufstellen. Gefährlich wäre es, eine Parole auszugeben, wie fortschrittliches Frauen- und Mutterleben auszusehen hat. Früher durfte eine fortschrittliche Frau zum Beispiel keine Kinder haben.

taz: Und heute gilt es für Frauen als fortschrittlich, mit Kind, aber ohne Vater zu leben?

1Meuthien: Für mich persönlich ja. Wenn die Väter eh nix taugen, dann doch bitte gleich ohne. Aber es gibt ja auch etwa fünf Prozent Väter, die diesen Namen verdienen. Die werden bei diesen Diskussionen häufig unverdient unterschlagen.

taz: Aber kein grundsätzliches Problem mit einer männerfreien Kindererziehung?

Meuthien: Also, ich lebe das und

1ich liebe das. Gott erhalte mir diesen Zustand.

taz: Steckt denn das „Frauen können es besser“ dahinter?

Meuthien: Nein, aber Frauen tun es einfach. Wir wollen auf dem Kongreß auch nicht über die Mütter reden, sondern darüber, daß Frauen, wenn sie sich für Kinder entscheiden, nicht von Stund' an zum Arsch der Welt gehören. Fragen: Vera Stadie/Sannah Koch