Vom Musenhimmel nach Harksheide

■ Das Museum für Kunst und Gewerbe zeigt die Kulturgeschichte des Pegasus, während Jaschi Kleins Foto-Performance tand das geflügelte Ross gestern jedoch im Regen

, während Jaschi Kleins Foto-Performance stand das geflügelte Ross gestern jedoch im Regen

Pegasus, das mythische Ross der Heroen und Poeten steht im Regen. Nicht die Skulptur auf dem Dach von Karl Friedrich Schinkels altem Museum in Berlin ist gemeint, ein Exemplar aus Fleisch und Blut hatte sich am Sonntag zur Kirchzeit in das Hamburger Umland verirrt. In eine Kiesgrube bei Harksheide war das Wundertier aus dem Musenhimmel der griechischen Götter geflogen und ließ in unirdischer Ruhe die seltsamen Inszenierungen der Hamburger Fotografin Jaschi Klein über sich ergehen.

Seit über einem Jahr verwickelt die Künstlerin Freunde und Passanten in spontane Situationen, deren Mittelpunkt ein weißer Wallach mit angeschnallten Flügeln ist. Es wäre leicht möglich, die Bilder so zu gestalten, daß im Sinne des 19. Jahrhunderts ein ungebrochenes Abbild einer mythischen Szene entstünde. Doch so naiv will heute niemand mehr arbeiten.

Jaschi Kleins Bilder lassen vielmehr ihre Künstlichkeit und ihre Brüche erkennen. Nichts wird vollkommen inszeniert, eher wird, wie bei der gestrigen Foto-Verbrennung, Improvisation eingefroren. Die künstlichen Konstellationen sind keine Allegorien, sie rufen nur die Erinnerung an alte Symbole auf und bieten sich zur Konstruktion eigener Zusammenhänge an. In diesem unspezifischen Rückgriff liegt Kleins Leistung, aber auch die schlimmste Gefahr der Kunst: eine nur oberflächlich archaisierende Beliebigkeit.

1Jaschi Kleins Pegasus-Performance ist die aktuellste Interpretation eines Themas, das in erstaunlicher Ungebrochenheit von der Antike bis heute, vom Sternzeichen zum Firmenlogo aufzufinden ist. Das zeigt auch die Ausstellung Pegasus und die Kunst im Museum für Kunst und Gewerbe, die auch den Anlaß für Jaschi Kleins Aktion in der Kiesgrube bot. Von antiken Vasen über italienische Graphik des Manierismus und niederländischer

1Malerei des Barock zu Karikaturen des vorigen Jahrhunderts wird die Geschichte des Flügelpferdes in zweihundert Exponaten dargestellt. Höhepunkte bei den Leihgaben sind einige Antiken aus dem British Museum, aus Wien kam das mit dem Medusenhaupt geschmückte, italienische Prunkschild Karls des Fünften. Als Entdeckung gilt das erst seit 1991 bekannte, um 1650 entstandene Pegasusbild des Jan Boeckhorst aus Münster.

1Entscheidender Sponsor bei diesem Projekt ist diejenige Ölgesellschaft, die das schnelle Tier in ihrem Firmenzeichen führt. Da ohne solches Engagement internationale Ausstellungen kaum mehr zu realisieren sind, schlagen wir folgende Ausstellungen für die Zukunft vor: Zwillingsdarstellungen in Geschichte und Gegenwart gesponsort von einem bekannten Besteckhersteller und ähnliches mehr. Hajo Schiff

Bis 31.Mai, Katalogbuch 49 Mark.