Täglich eine Tonne Tomaten

■ Dementi: kein Dosenfutter in der Mensa / Aber die neue Spülmaschine produziert Chaos

/ Aber die neue Spülmaschine produziert Chaos

Endlose Warteschlangen, sperrige Tablettregale und eine Höhenkontrolle am Transportband: Es ist nicht zu übersehen, seit dem vorigen Semester hat die Hauptmensa auf dem Campus eine neue Spülmaschine. 730000 Mark hat das Studentenwerk in die neue Anlage investiert. „Das Modernste, was es zur Zeit gibt“, sagt stolz Göran Saile, Leiter der Wirtschaftsbetriebe des Studentenwerks.

Daß die Maschine langsamer sei als die alte, davon will Saile nichts wissen: Die Schlangen entstünden nur, weil die Disziplin der Studenten „gleich null“ sei. Es wäre nämlich notwendig, das Geschirr vor der Abgabe zu sortieren — damit die Lichtschranken des vollautomatischen Spülers erkennen, was auf den Tabletts steht. Nachtisch- Schälchen und doppelte Teller beispielsweise sind eine Überforderung für den Vollautomaten, der das Geschirr-Sortieren per Hand einsparen soll. Der Studentenwerker wedelt mit den Armen und erklärt begeistert, wie das Geschirr auf den Kopf gestellt und in Fächer gestellt wird. Bestecke werden mit einem Magneten abgesammelt und manchmal auch selbst magnetisiert. Dann klebt beim Essen das Messer an der Gabel fest.

Ende Januar fiel der neue Geschirrspüler komplett aus. Daraufhin gab es das Essen auf Plastiktellern zum Wegwerfen. Mensamann Saile weiß nichts von dem Vorfall. Dennoch hat er eine Erklärung: „Unsere Maschine ist ein Wunderwerk der Technik. Aber Technik funktioniert nicht immer.“

Dann erbost sich Saile über die Medien: Stets heiße es, in der Mensa gebe es nur Dosenfutter. Eine völlig falsche Vorstellung! „Alle Zutaten werden täglich frisch

1angeliefert. Darunter eine ganze Tonne Tomaten. Nur hin und wieder gibt es exotische Früchte aus der Konserve.“

Das Studentenwerk will das Kantinen-Image loswerden. „Die Insel“ der Hauptmensa war ein erster Schritt. Die geplante neue Mensa hinter dem Geomatikum soll ebenfalls etwas schicker werden: Saile träumt von einem Studenten-Restaurant mit „Insel“-Standard. Der neue Standort in der Bundesstraße / Ecke Sedanstraße liegt zwar etwas abseits. Das fand auch Saile, aber es gibt im ganzen Uni-Viertel keine Alternative. Ursprünglich sollte 1996 das Curio-Haus geschlossen und das neue „Studenten-Restaurant“ eröffnet werden. Allerdings haben die Bonner Sparmaßnahmen

1dieser Zeitplanung einen vorläufigen Strich durch die Rechnung gemacht.

Die Restaurant-Vision ist auch der Grund, warum Göran Saile den Verkauf von Geschirr und Besteck ablehnt. Andere Studentenwerke im Bundesgebiet versuchen durch diese Methode, den Diebstahl zu reduzieren. Saile dazu: „In welchem Restaurant der Welt kauft sich der Gast Geschirr?“ Es kann also auch weiter geklaut werden. Der Mensa-Mann betrübt: „Die Studentenschaft läßt uns jämmerlich im Stich. Jährlich verschwindet Geschirr und Besteck im Wert von 65000 Mark. Und dabei gehörten wir bei abwaschbarem Geschirr bundesweit zu den Vorreitern.“ Thomas Stolper/Thomas Hempell