Pisten-Brummschädel

■ Ski alpin: Anita Wachter und Marc Girardelli gewannen den Gesamtweltcup / Kjetil-Andre Aamodt knapp, Katja Seizinger noch knapper geschlagen

Are (dpa/taz) — Hochdramatisch verlief das Finale im alpinen Ski-Weltcup im schwedischen Are vor allem bei den Frauen. Mit ihrem Sieg im Super-G hatte Katja Seizinger aus Halblech die Österreicherin Anita Wachter von der Spitze der Gesamtwertung verdrängt und sich nach dem Abfahrts-Weltcup auch den im Super-G gesichert. 14 Punkte betrug ihr Vorsprung, doch am Samstag schien sie im ersten Durchgang des Riesenslaloms bereits alles verspielt zu haben. „Den ersten Lauf habe ich verschlafen“, ärgerte sie sich später. Platz neun war das Ergebnis des verspäteten Erwachens, es führte — Anita Wachter. Mit einem wilden zweiten Lauf, bei dem sie alles riskierte, kurz vor Schluß prompt stürzte, die Skier verlor und ein gutes Stück vor ihren damenlosen Arbeitsgeräten über die Ziellinie rutschte, kämpfte sie sich jedoch noch auf Rang vier vor. Damit blieb sie vier Punkte vor Wachter, die noch hinter Carola Merle (Frankreich) und Deborah Compagnoni (Italien) auf den dritten Platz zurückfiel.

„Ich weiß nicht, wie ich ins Ziel gekommen bin, mein Kopf brummt noch“, erklärte Katja Seizinger, nachdem sie sich einigermaßen von ihrer eigenwilligen Zieldurchfahrt erholt hatte. Ein Protest der Österreicher blieb erfolglos, da eine frühere Regel, wonach ein Rennen nur gültig ist, wenn die Läuferin mit mindestens einem Ski am Fuß die Linie passiert, inzwischen gestrichen wurde.

Dennoch sprach vor dem abschließenden Slalom alles für Anita Wachter, die eindeutig bessere Läuferin in dieser Disziplin. „Normalerweise müßte ich das schaffen. Aber ich habe noch ein Rennen mit zwei Durchgängen vor mir. In jedem stehen ungefähr 50 Tore, bei denen ich ausfallen kann.“ Entsprechend vorsichtig kurvte die 26jährige gestern um besagte Torstangen herum. Ein elfter Platz brachte ihr 24 Weltcup- Punkte. Es siegte die Schweizerin Vreni Schneider, Katja Seizinger schaffte nicht den Sprung in die Weltcupränge. Sie wurde 18. Um läppische 20 Pünktchen hatte die 20jährige damit den zweiten Weltcup-Sieg einer deutschen Läuferin nach Rosi Mittermaier im Jahre 1976 verpaßt. „Ich bin froh, daß es vorbei ist, dieses Finale war für mich und Anita schlimm“, meinte sie nach der Entscheidung. Den Slalom-Weltcup holte sich erneut Vreni Schneider, im Riesenslalom hatte Carole Merle, die ihre Karriere beenden will, noch einmal die Nase vorn.

Bei den Männern fiel die Entscheidung ebenfalls erst in Are, ganz so spannend ging es jedoch nicht zu, da der Norweger Kjetil- Andre Aamodt etwas zu spät mit seiner Siegesserie begonnen hatte. Er gewann zwar vier Rennen in Folge, da aber auch Spitzenreiter Marc Girardelli emsig punktete, durfte dieser die Kristallkugel für den Gesamttriumph zum fünften Mal in seiner Karriere mit nach Luxemburg, oder wohin auch immer, nehmen. Nachdem Aamodt den Riesenslalom von Are gewonnen hatte, punktete er auch im abschließenden Slalom kräftig. Hinter dem Schweden Tomas Fogdoe, dem Gewinner des Slalom-Cups, wurde er Zweiter, zu wenig allerdings, um Girardelli noch gefährden zu können.

Gefährdet ist einmal mehr die Stellung des Internationalen Skiverbandes (FIS). Die Ski-Industrie plant eine eigene Rennserie in Konkurrenz zum Weltcup. „Wir warten noch bis Mai“, erklärte Hannes Fürstauer, der Generalsekretär der Vereinigung der Ausrüsterfirmen (IRT). „Sollte die Situation nicht besser als bisher werden, startet die IRT nach den Olympischen Spielen in Lillehammer ein eigenes Projekt.“ Das IRT-Programm sähe einen Weltcup-Beginn bereits Anfang November mit Gletscher-Rennen vor. Abgeschlossen sollte die Serie im Februar noch vor Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen sein. „Denn momentan herrscht ein Durcheinander. Die Leute blicken nicht mehr durch“, meinte Fürstauer.